UDO JÜRGENS
"Merci, Udo!" – Premium Edition (3/3): CD 3 – Eine Auswahl von Produktionen der Peter-Wagner-Ära (ab 1984)!

Udo-Jürgens-Experte Stephan Imming zieht ein durchaus positives Gesamtresümée …: 

. Verloren in mir (1991, Produzent: Peter Wagner, Co-Prod.: Hermann Weindorf)

 

Wenn man darüber nachdenkt, welcher Textdichter nonstop am längsten mit Udo zusammen gearbeitet hat, führt kein Weg an Uli Heuel vorbei. Der Kölner ist nicht für die großen populären Hits zuständig, aber er hat seit 1989 bis zur letzten CD auf jeder(!) neuen Studio-CD von Udo mindestens einen Titel beigetragen – darunter einige sehr wichtige Titel wie „Ein Bote aus besseren Welten“, „Ich werde da sein“, „Zärtlicher Chaot“ oder „Womit hab ich Dich verdient?“. 25 Jahre am Stück Udos Textdichter – ich bin nicht sicher, ob Michael Kunze da mithalten kann? Wie dem auch sei – auf dem „Merci“-Sampler ist leider nur ein Stück des sympathischen bescheidenen Textdichters dabei – aber was für eins: „Verloren in mir“.

Andere Textdichter wurden da deutlich häufiger berücksichtigt – insbesondere Dr. Michael Kunze hat den Vogel mit 18 Texten der Werkschau abgeschossen – aber auch Wolfgang Hofer ist mit weit über 10 Titeln dabei.

„Verloren in mir“ diente als Opener der „Geradeaus“-Tour. Den Titel nahm Udo 2000 noch mal neu auf anlässlich des „Mit 66 Jahren – was wichtig ist…“ Albums. Sehr erfreut war Udo auch darüber, dass der junge Popsänger Tim Bendzko sich für die Tribute-Show 2014 ausgerechnet diesen Song ausgesucht hatte und ihn sogar live zu Gehör brachte.

 

2. Heute beginnt der Rest Deines Lebens (1995, Produzent: Peter Wagner)

 

Bei einem USA-Aufenthalt sah Udo eine T-Shirt-Aufschrift: „Today is the beginning of the rest of your life“ – das hat ihn dazu inspiriert, einen Song mit diesem Inhalt zu schreiben. Dr. Michael Kunze schrieb wieder mal einen Text mit dem Plädoyer, den Augenblick zu genießen (einige Jahre zuvor hat er das ja bereits mit dem Titel „Carpe Diem“ getan).

Auch dieser Titel war Udo wichtig  – im Rahmen seiner Tournee „Der ganz normale Wahnsinn“ hat er ihn zuletzt im Live-Programm gehabt. Schön, dass die recht seltene „Udo-Version“ der Maxi-CD hier verkoppelt wurde.

 

3. Was wichtig ist… (Live-Orchesterversion) (2000)

 

Im Rahmen von Udos Geburtstagsgala zu seinem 66. Wiegenfest  stellte er sein damals noch recht neues Lied „Was wichtig ist…“ gemeinsam mit Pepe Lienhard und den Münchner Symphonikern vor. Die damals vorgestellte bislang unveröffentlichte Version ist nun erstmals erhältlich. – Offensichtlich war Udo dieses Lied buchstäblich wichtig, vielleicht (neben dem „Drachen“-Titel) sogar so etwas wie ein „Lieblingslied“ von ihm – im Untertitel nannte er die damals aktuelle CD so („Mit 66 Jahren – was wichtig ist“) und baute den Titel immer wieder in seine Konzertprogramme mit ein.

 

4. Liebe ohne Leiden (1984; Produktion: Peter Wagner)

 

Anlässlich seines 50. Geburtstages veröffentlichte Udo Jürgens die LP „Hautnah“, die kommerziell sehr erfolgreich wurde – nach langer Zeit gab es dafür mal wieder eine Goldene Schallplatte. – Darauf war auch das Duett mit seiner damals im Teenageralter befindlichen Tochter Jenny zu finden, das inzwischen ein echter Udo-Evergreen geworden ist, obwohl auch dieses Lied zu Lebzeiten nie in den deutschen Charts war (erst posthum konnte der Titel sich Anfang 2015 in der Single-Bestenliste platzieren).

Laut Produktinfo handelt es sich um ein „zärtliches Abschiedslied zwischen Vater und Tochter, die an der Schwelle zum Erwachsensein das Elternhaus verlässt“ – offensichtlich eine Situation, mit der sich, angesichts der großen Popularität, die das Lied bis heute hat,  viele Menschen identifizieren können. Auf Udos damaliger Live-LP fehlte übrigens Jennys Gesang, dafür sang sie aber beim TV-Mitschnitt des damaligen Konzerts mit. Viele Fans hatten erwartet, genau diese Version bei der „Best Of Live Vol. 2“ zu finden – stattdessen wurde aber einfach die Studioversion mit Applaus unterlegt. Vielleicht kann man ja irgendwann doch noch mal die „echte“ Live-Version veröffentlichen…

 

5. Abends (1985; Produktion: Peter Wagner)

 

Die „Faszination des Abends im Sinne einer verlockenden Einladung zum be-swingten Nachtbummel“ – so beschrieb Udos Plattenfirma damals diesen sehr schönen Titel aus dem Album „Treibjagd“ treffend. Wieder mal hat man meines Erachtens für die falsche Singleauskopplung entschieden – „Abends“ war „nur“ die B-Seite des inzwischen eher vergessenen Songs „Partisanen“.  Besonders interessant macht das Lied der stimmliche Vocoder-Sound, bei dem es sich gegen Schluss des Songs so ähnlich anhört, als würde ein Computer singen.

Authentizität hat sicher einen großen Teil des Erfolges Udo Jürgens‘ ausgemacht – dieses Lied dürfte ein Beispiel sein. In der „Merci, Udo!“-Show (RTL, 2. Dezember 2016) verriet Sohn Johnny, dass Udo schon ein Langschläfer war, dafür aber nachts lange wach blieb. Kein Wunder, dass das Thema Abend / Nacht mit seinen vielen Facetten immer wieder von ihm aufgegriffen wurde („In den Armen der Nacht“, „Kairo bei Nacht“, „Es wird Nacht, Senorita“, „Regen in der Nacht“, „Nicht heute Nacht“, „Kind einer Nacht“ etc.). 

 

6. Jeder so wie er mag (1986; Produktion: Peter Wagner)

 

Drei Jahre nach dem Erfolg mit „Die Sonne und Du“ versuchte Udo es mal wieder im Reggae-Sound. Percussion-Elemente nahm er inzwischen in seine Songs mit auf – sicherlich auch unter dem Einfluss von Billy Todzo, mit dem er in jenen Jahren eine Freundschaft fürs Leben schloss. Billy spielte bei der Liveaufführung des Liedes die Steeldrums.

Auch der Titel dieses aus dem tollen „Deinetwegen“-Album stammenden Liedes ist (zumindest in Udo-Fankreisen) ein „geflügeltes Wort“ geworden. Einerseits frech-frivol („Tu’s aus Leichtsinn oder Liebe – tu’s woanders oder hier“, „Grüne tun’s aus Prinzip nur im Wald“), hat auch dieser einfache Schlager eine philosophische Kernbotschaft, nämlich den der Toleranz anders Denkenden gegenüber.

 

7. Sperr mich nicht ein! (1986; Produktion: Peter Wagner)

 

Sich gegenseitig in einer Partnerschaft nicht einzuengen, sondern gewisse Freiräume zu lassen – darum geht es in Udos zweiter Single aus dem „Deinetwegen“-Album. Eine etwas andere Bedeutung kam dem Song zu, als Udo es im Ost-Berliner Friedrichstadtpalast vortrug – es war schon mutig, die Botschaft „Sperr mich nicht ein!“ in der damaligen DDR bei den damaligen Konzerten zu positionieren.

 

8. I Can – I Will (1987; Produktion: Peter Wagner)

 

Auch die dritte Auskopplung aus dem “Deinetwegen”-Album wurde für “Merci Udo” berücksichtigt, allerdings (löblicherweise) in der seltenen englischen Version, die 1987 lediglich auf der B-Seite der damaligen Vinylsingle zu finden war und nun erstmals auf CD erhältlich ist. Ob das Gerücht, dass die Produktion Teil einer geplanten damaligen internationalen LP werden sollte, ein Gerücht ist, oder da etwas dran ist, wäre spannend zu klären.

Nicht wenige Musikfreunde sind der Meinung, dass dieser Titel, der die Love-Story von Menschen verschiedener Kulturen zum Thema hat, von Michael Jackson oder einem anderen internationalen Star interpretiert ein Welthit hätte werden können. Der Song hat in der Tat gigantisches Potenzial, was sicher auch an Udos großartiger Duett-Partnerin Sonja Kimmons liegt. Udo hat den Titel immer wieder auf Tourneen (auch bei der letzten Tour) und im Rahmen von TV-Auftritten gesungen – Sonja Kimmons blieb mit ihrer tollen Stimmen aber immer unerreicht – das gilt übrigens auch für Helene Fischer, mit der er das Lied anlässlich seiner Geburtstagsgala zum 80. Geburtstag vorgetragen hatte.

 

9. Hast Du heute schon gelebt? (1988; Produktion: Peter Wagner)

 

Ein immer wieder in Udos Liedern vorkommendes Thema war die Empfehlung, den Tag zu nutzen (ein Lied hieß ja auch „Carpe Diem“) bzw. die „kleinen Dinge“ des Lebens wertzuschätzen. Genau in diese Richtung ging auch eine Single aus dem 1988 erschienenen „Blauen Album“. Inhaltlich hätte man den Titel auch als Duett konzipieren können. („Er zu ihr…“ – „Sie zu ihm…“.) Den Titel nutzte Udo 2010 als Opener (in Kombination mit dem Titel „Wir zwei“, ebenfalls aus dem „Blauen Album“) seiner Solo-Tournee.

 

10. Näher zu Dir (1993; Produktion: Peter Waqner)

 

Bei der Zusammenstellung hat man leider das Album „Ohne Maske“ (1989) außen vor gelassen und sich der 1993 erschienenen Produktion „Café Größenwahn“ hingegeben. Mit der Präsentation des damaligen Albums war man mutig – aber leider ging der Schuss nach hinten los. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem Udo mit Ariola einen Vertrag auf Lebenszeit schloss, enterte das Album nicht mal die Top 100. – Udo besaß damals ein Lokal namens „Café Größenwahn“ und provozierte auf dem Coverfoto seines gleichnamigen Albums, indem er sich auf einem Thron in Pose setzte – diesen Humor haben viele Udo-Fans offensichtlich (leider!) nicht verstanden bzw. nicht mittragen wollen.  Es war das letzte Produktalbum von Udo, das in Vinyl-Form im Handel erhältlich war.

Der Titel „Näher zu Dir“ ist eigentlich nicht unbedingt das Highlight der damaligen CD; es fiel bestenfalls als „Opener“-Song (nach „Damals wollt ich erwachsen sein“) der Größenwahn-Tour auf. Vielleicht wollte man es wieder etwas „aus der Versenkung“ holen?

 

11. Alles, was gut tut (1999; Produktion: Peter Wagner)

 

Zum Ende des vergangenen Jahrtausends hat Udo mit dem Album „Ich werde da sein“ noch mal Maßstäbe gesetzt. Neben der „Krone der Schöpfung“, namensgebender Teil seiner sinfonischen Dichtung, sind weitere unvergessliche Lieder wie „Ich lass Euch alles da“ auf dem Album enthalten – Zeilen dieses Liedes finden sich ja sogar auf der Platte auf seinem Grab (inzwischen sogar korrekt zitiert…).

Die Single aus dem Album, „Alles, was gut tut“ greift einen weiteren Gedanken auf, den man immer wieder in Udos Songs findet – den, seine Individualität auch gegen Widerstände nicht aufzugeben. In diesem fröhlichen Song wird die Botschaft besonders ansprechend verpackt, auch wenn das Klavier-Intro latent an den „Vielen Dank für die Blumen“-Klassiker erinnert. Der Titel ist dennoch großartig – er wurde auch ins Repertoire des Musicals „Ich war noch niemals in New York“ aufgenommen.

 

12. Weichei (2002, Produktion: Wolfgang Hofer)

 

Mit vielen Wortspielen wartete Udos Single aus dem Album „Es lebe das Laster“ auf. Die Plattenfirma fasste den Songinhalt damals wunderbar zusammen: „Der witzige und freche Song zeichnet mit spitzer Feder herrliche Bilder von schwächlichen Leisetretern, die sich durch emanzipatorisch allzu erstarkte Frauen wohl mehr und mehr überfordert sehen dürften.“ – Tja, man(n) hat’s halt nicht immer leicht. Kurios ist, dass Udo – offensichtlich aus „political correctness“ die Zeile mit dem „Windelwechsel-Papa“ irgendwann herausgenommen hat.

Auch dies Lied ist wohl eins von Udos Lieblingsstücken, weil er es mehrfach auf Konzerten und Galas präsentiert hat – und unnachahmlich die Damen (und Herren) am Schluss selber hat singen lassen: „schmeiß – ihn – raus!“.

 

13. Flieg mit mir (2005; Produktion: Peter Wagner)

 

Freundschaftlich verbunden fühlte sich Udo offensichtlich mit dem Textdichter Friedhelm Lehmann, der exzellente Texte für Udo schrieb. Die Verbundenheit ging dem Anschein nach auch über den Tod hinaus. Lehmann starb in den 1990er Jahren, was Udo nicht davon abhielt, einen seiner Texte für sein 2005 erschienenes Album „Jetzt oder nie“ posthum zu verwenden: „Flieg mit mir“.

Gleich zwei Mal fand der Lehmann-Song den Weg in Udos Konzertprogramm – neben der „Jetzt oder nie“-Tour war der Titel auch bei der Tour „Der ganz normale Wahnsinn“  Bestandteil des Programms – im Medley mit dem Sinatra-Klassiker „Come Fly With Me“ – Verquickungen dieser Art hat Udo ja öfter mal gebracht, etwas beim Medley „New York“ oder bei „Schenk mir noch eine Stunde / Singing In the Rain“.

 

14. Tanz auf dem Vulkan (2007; Produktion: Peter Wagner)

 

Mit dem 2008 erschienenen Album „Einfach ich“ knackte Udo erstmals seit 28 Jahren wieder mit einem Produktalbum die Top-10 der Albumcharts. Wenngleich Udo mit seinen zynisch-sarkastischen Liedern nicht immer jedermanns Geschmack traf, so ließ er es sich doch bis ins Alter hinein nicht nehmen, freche Texte nicht nur zu produzieren, sondern sie auch auf die Bühne zu bringen. Auch der „Tanz auf dem Vulkan“ ist dafür ein Beispiel („Der Urwald macht schlapp, die Gletscher hau’n ab – schlimmer noch, bald wird der Kaviar knapp“). Erneut kann man nur sagen: „Jeder so, wie er mag“ – es ist natürlich schon eine Provokation, fröhliche Swingtöne in die Musik zu legen und gleichzeitig Endzeitstimmung im Text zu versprühen. Für diese Form der Ironie hat man eine Antenne – oder eben nicht, aber mutig von Udo, trotz solcher Gedanken derart zu provozieren.

Schade, Udo durfte den Song bei „Wetten, dass…!?“ singen, musste ihn aber im Vollplayback vortragen, was ihm mit zunehmendem Alter nach meinem Eindruck schwerer fiel. Geschulte Ohren glauben, in der Melodie des Songs den Klassiker „Santa Clown is Coming To Town“ wiederzuerkennen.

 

15. Der ganz normale Wahnsinn (2011; Produktion: Peter Wagner)

 

Am 20. August 2010 stellte Udo bei der Premiere seiner Solo-Tour in Gelsenkirchen erstmals ein neues, erneut gesellschaftskritisches Lied vor: „Der ganz normale Wahnsinn“. Das klang sehr viel versprechend, der musikalisch wie textlich unorthodoxe Titel kam ausgesprochen gut an. Udo ließ es sich nicht nehmen, sein 2011 erschienenes Album und die folgende Tour genau so zu benennen: „Der ganz normale Wahnsinn“. – Was dann passierte, kommt dem Titel des Albums gleich, Udo schaffte damit den Sprung in die Top-3 der Albumcharts. Viele Fans sind der Meinung, dass Udo damit im Alter noch mal ein ganz großes, qualitativ äußerst hochwertiges Album gelungen ist – auch ich vertrete diese Meinung.

 

16. Schenk mir einen Traum (2011; Produktion: Peter Wagner)

 

Auch der im Big-Band-Stil gehaltene Hammersong „Schenk mir einen Traum“ ist ein Beleg für die enorme Qualität von Udos 2011er „Wahnsinn“-Album. Da hat er mit über Mitte 70 wirklich noch mal „einen rausgehauen“ – besonders die hier verkoppelte „New York“-Version des jazzigen Songs im Swing-Rhythmus ist beeindruckend. Udo spielte den Titel  nicht nur im Rahmen seiner (zum Leidwesen sehr, sehr vieler Fans) nicht auf DVD erhältlichen Tour, sondern auch später bei Galas, wie etwa dem Dresdner Semperopernball.

Für „Weltbild“ erschien die „Wahnsinn“-CD in Sonderauflage mit einer „Berlin“-Fassung des „Traum“-Hits, die aber nicht so überzeugend ist wie die hier verkoppelte Version, weil gerade dieses Stück vom Big-Band-Charakter einfach lebt.

 

17. Der Mann ist das Problem (2014; Produktion: Peter Wagner)

 

Kurz vor Udos 80. Geburtstag erschien im Frühjahr sein letztes Album, das er leider „Mitten im Leben“ nannte. „Leider“ deshalb, weil eigentlich so ziemlich jeder Schlagersänger ein Album dieses Namens herausgebracht hat und die Zeile nicht wirklich originell ist. Auch wenn man vermutlich mit „Mitten im Leben“ angesichts von Udos Lebensalter provozieren wollte, wäre mir der ursprünglich vorgesehene Albumtitel lieber gewesen: „Sonntagskind“. Erstens ist Udo an einem Sonntag geboren, und zweitens wäre das ein schöner Abschluss geworden. Gerüchten zufolge soll ein gleichnamiges Lied in der Schublade liegen – man darf gespannt sein.

Mit der ersten Single seines letzten Albums wollte Udo allem Anschein nach an alte Erfolge anknüpfen – ein symphonisches Intro a la „Sahne“, ein groovender Rhythmus und ein Thema, das vermeintlich mal wieder zum Zeitgeist passt. „Vermeintlich“ deshalb, weil der Text doch recht anbiedernd ist (in Richtung Frauen) und recht deutlich pauschalisiert. Dennoch konnte der Song punkten – obwohl er über vier Minuten lang ist, wurde er sehr oft im Radio gespielt. Die CD „Mitten im Leben“ kam bis auf Platz 3 der Album-Charts. Auch mit 79 Jahren befand sich Udo noch immer voll auf der Höhe seiner Karriere…

 

18. Das Leben bist Du (2014; Produktion: Peter Wagner)

 

Wenngleich Udo Atheist war, hat er sich doch immer wieder religiösen Gedankenguts bedient. So ist der Talmud eines der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums. Dort heißt es: „Achte auf deine Gedanken, denn sie werden deine Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden deine Gefühle. Achte auf deine Gefühle, denn sie werden dein Verhalten.“ Diesen Gedankengang hat Textdichter Wolfgang Hofer fast wörtlich übernommen – freilich ohne die Quelle zu benennen…

Wie dem auch sei – das lebensbejahende Opus mit hymnenhaften Refrain wurde von Udo auch im Rahmen seiner letzten Tour vorgetragen. Es ist absolut bemerkenswert und vermutlich weltweit einzigartig, dass ein 80-jähriger Künstler auch im hohen Alter noch eine normale Tournee absolviert hat und sich dabei NICHT nur auf sein Lebenswerk konzentriert hat, sondern immer noch den Anspruch hatte, das aktuelle Schaffen in den Vordergrund zu stellen.

 

19. Der Neue Sahne Mix (2016; Produktion: Peter Wagner)

 

Eine Unsitte – insbesondere auch bei Neuauflagen von Hit-Alben – ist es, das Song-Material noch mal zu einem Hit-Mix zu „rühren“. Schon Mitte der 1990er Jahre  wurde ja ein solcher Mix erstellt („der Erste Sahne Mix“) und daraus sogar ein Album gemacht – wirklich gefallen hat das zumindest in Fankreisen nicht wirklich vielen Leuten, wenngleich das Songmaterial für promilleträchtige Ballermann-Feten durchaus geeignet war (wie oben erwähnt, hört man dann wohl nicht mehr auf die Songinhalte, sondern feiert zur Musik).

Immerhin hat man diesmal die originale Version des „17 Jahr“-Songs verwendet – und immerhin ist ein weiteres Lieblingslied („Es lebe das Laster“) auf die Art und Weise nun doch noch auf die „Merci Udo“-Kollektion gekommen. Außerdem gibt’s damit noch einen bislang unveröffentlichten neuen Track…

 

FAZIT:

 

Eine in größerer Auflage produzierte Werkschau kann nicht den Anspruch haben, jede noch so seltene Rarität herauszukramen. Von großer Bedeutung sind hier sicher auch die großen Hits, die Udo im Laufe der Jahrzehnte hatten und die für eine Mehrzahl potenzieller Käufer vermutlich ausschlaggebend für den Erwerb des CD-Sets sind. Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, dass es schon recht viele sehr intensive Fans gibt, die über Jahrzehnte hinweg immer wieder mit unsäglichen Produkten wie der Doppel-CD „Aber bitte mit Sahne 1 und 2“ etc. sehr verärgert wurden.

Sony Music hat hier tatsächlich die „Quadratur des Kreises“ hinbekommen und einen sehr guten Kompromiss zwischen rein kommerziellen und künstlerischen Überlegungen gefunden. Da, wo es akzeptable seltene oder gar unveröffentlichte Versionen gab, wurde auf sie zurückgegriffen. Vor allem aber wurden wirklich in der Regel die Originale verwendet, was ein Quantensprung in der Veröffentlichungspolitik von Udo Jürgens ist.

Auch das so genannte Ecolebook ist sehr liebevoll gestaltet – mit toll zusammengestellten Fotos – klasse. Die Linernotes sind in Ordnung – für den Hardcore-Fan beinhalten sie zwar nichts wirklich Neues, aber das kann auch nicht der Anspruch sein. Der eine oder andere kleine Fehler (trotz gleich zweier Lektoren) kann den insgesamt sehr guten Gesamteindruck nicht schmälern. Auch die Frage, ob Udo bei seinen eigenen Zitaten wirklich wörtlich zitiert wurde, spielt angesichts der gewählten Worte eine untergeordnete Rolle. Formulierungen wie die, dass Udo „besorgter Bürger“ gewesen sei, sind vielleicht etwas unglücklich gewählt.

Auch die Tatsache, dass Udo in weit mehr als sechs Sprachen gesungen hat (Afrikaans, Deutsch, Englisch, Französisch, Ghanisch, Griechisch, Italienisch, Japanisch, Spanisch – außerdem soll es Gerüchten zufolge eine Aufnahme in der Kunstsprache „Esperanto“ geben), ist zugegebenermaßen Erbsenzählerei.

Die Dramaturgie der Zusammenstellung habe ich auch nicht ganz verstanden – die Linernotes gehen chronologisch vor, auf der CD-Zusammenstellung wird die Chronologie nicht aufrecht erhalten – das ist aber vermutlich Geschmackssache – ich persönlich hätte eine streng chronologische Vorgehensweise auch beim Tracklisting gut gefunden – andrerseits hätte sich „Merci Udo“ dann zu sehr an das „Best Of“-Konzept angelehnt.

Der einzig wirklich „etwas“ ärgerliche Aspekt ist, dass man den Käufer mit Bezeichnungen wie „erstmals offiziell auf CD“ manchmal schon etwas täuscht: Von Ariola Express, Readers Digest, Time Life und anderen vertriebene CDs sind durchaus „offiziell“ nach meiner Sichtweise – verglichen mit Bootlegs, wie z. B. die so genannte „Golden CD“, die in kleiner Auflage mal Ende der 1980er Jahre in kleiner Auflage im Umlauf war. Mit (nach meiner Zählung)  fünf (und nicht wie in der Werbung behauptet sechs) erstmals überhaupt verfügbaren Aufnahmen und zehn „echten“, nicht zuvor auf CD erhältlichen Tracks können auch die „Extrem-Fans“ mehr als zufrieden sein, zumal viele weitere Aufnahmen (z. B. die Vogue-Titel) seit Jahrzehnten vergriffen waren.

Unter dem Strich kann man nur sagen: Weiter so, Sony Music, und Danke für eine wirklich tolle Arbeit, die (wie gesagt) einen echten Quantensprung darstellt und Hoffnung auf weitere ähnlich gut gemachte und durchdachte Produkte weckt.
 

Stephan Imming, 27.11.2016
https://www.sonymusic.de/catalog-and-media-concepts
http://www.udojuergens.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen.

+ 87 = 94

Diese Webseite benutzt Cookies. Aktuell sind Cookies, die nicht essentiell für den Betrieb dieser Seite nötig sind, blockiert. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind nur auf essentielle Cookies eingestellt. Um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. essentielle Cookies: PHP Session - Dieses Cookie ist nötig für die Funktion der Seite um wichtige Informationen an folgende Seiten weiterzugeben. nicht essentielle Cookies - Der Seitenbetreiber hat diese Cookies genehmigt, Sie sind sie jedoch deaktiviert: YOUTUBE-Videos - Beim Einblenden der Youtube-Videos werden Cookies von Youtube/Google als auch deren Partner eingebunden. Youtube und deren Partner verwenden Cookies, um Ihre Nutzererfahrung zu personalisieren, Ihnen Werbung basierend auf Ihren Interessen anzuzeigen sowie für Analyse- und Messungszwecke. Durch das Einblenden der Videos und deren Nutzung stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu, die in der Cookie-Richtlinie auf https://policies.google.com/privacy?hl=de näher beschrieben wird. Spotify-Playlist - Beim Einblenden der Spotify Playliste werden Cookies von Spotify als auch deren Partner eingebunden. Spotify und deren Partner verwenden Cookies, um Ihre Nutzererfahrung zu personalisieren, Ihnen Werbung basierend auf Ihren Interessen anzuzeigen sowie für Analyse- und Messungszwecke. Durch das Einblenden der Playlist und deren Nutzung stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu, die in der Cookie-Richtlinie auf spotify.de näher beschrieben wird.

Schließen