UDO JÜRGENS
"Merci, Udo!" – 2,8 Millionen schauten am Freitagabend RTL – Enkelin Jasmin Jürgens verzauberte das Publikum!

Stephan Imming versucht, die Quote ganz anders zu interpretieren …: 

Zunächst einmal muss man RTL danken, das Wagnis mit dem „Merci, Udo!“-Projekt überhaupt eingegangen zu sein. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben da offensichtlich uni sono abgewunken – dort ist es wichtiger, Ross Antony zum 100. mal in Folge zu präsentieren,  auch wenn er nach wie vor trotz medialer Omnipräsenz noch nie einen Hit hatte. Absurderweise schielen hier ganz offensichtlich die öffentlich-rechtlichen Sender mehr auf die Quote als RTL. Gemessen an der Quote (verglichen mit anderen Formaten, die sonst freitags abends laufen) ist das Experiment nur zum Teil gelungen, obwohl daran dem Vernehmen nach leidenschaftlich mit viel Herzblut gearbeitet wurde.

„Warum nur, warum?“ ist man ratlos geneigt zu fragen. In einigen Foren hat man längst den Sündenbock gefunden – Moderatorin Barbara Schöneberger. Damit macht man es sich in meinen Augen viel zu leicht. Die Sendung hieß „Merci, Udo!“, und es ist nicht anzunehmen, dass das Zielpublikum sich wegen oder trotz Barbara Schönebergers die Show angesehen hat. Für meinen Geschmack hat sie ihre Sache gut gemacht, aber das ist in der Tat Ansichtssache.

Eines meiner Lieblingsthemen muss hier wieder auf den Tisch: Es ist sehr löblich und schön, dass viele Protagonisten live gesungen haben. Xavier Naidoos „Ich glaube“, aber auch Giesingers „ehrenwertes Haus“ waren richtig toll.

Hier und da liest man darüber, dass Barbara Schöneberger ihr Können bei live ausgestrahlten (nicht aufgezeichneten) Shows viel besser zur Geltung bringen kann. Dieser Aspekt könnte richtig sein – die Schnitte in der Show wirkten durch den Aufzeichnungscharakter unstimmig – und trotz anderweitiger Bemühungen war nicht so ganz nachvollziehbar, wer wann auf der Couch saß – auch da unterschätzt man glaube ich das Publikum, das sich vielleicht aufgrund dessen etwas verar… fühlt…

Insgesamt bin auch ich enttäuscht, weil die Quote zeigt, dass auch Udos Popularität nicht grenzenlos ist. Man lässt sich da vielleicht auch etwas „blenden“ von der Vielzahl von Leuten, die ja angeblich „immer schon Udofans“ waren, sich dazu aber zu Lebzeiten nie geäußert haben, so dass der Verdacht nahe liegt, dass das weniger Verehrung ist als Nostalgie. Vielleicht sagt es auch über den Zustand der allgemeinen Gesellschaft aus, wenn Formate wie „Supertalent“ weit erfolgreicher laufen als die Merci-Udo-Gala und sogar Modern Talking mehr Leute hinter dem Ofen hervorlockt.

An der Stelle sehe ich die Rolle, die öffentlich-rechtliche Sender spielen, sehr kritisch. Mein Lieblingsbeispiel, WDR 4, eignet sich da sehr gut: Statt hochwertige deutschsprachige Musik zu fördern (Udo Jürgens ist das das perfekte Beispiel), werden immer die gleichen internationalen Songs gedudelt. TV-Musikshows gibt es heutzutage so gut wie keine mehr. Traurigerweise ist da – das muss man leider zugeben – nur ein Konzept noch erfolgreich: Die immer gleichen „Stars“ singen im Vollplayback ihre neuen Songs, dazu wird noch etwas Feuerwerk abgefackelt, ein paar möglichst dümmliche Spielchen gespielt (, damit jeder sieht, dass die Musik für eher weniger intelligente Leute gemacht wird – schlaue Menschen hören ja Stones und Dylan) und gut. Leider funktioniert dieses Konzept auch bei Schlagerfreunden.

Letztlich lebte Udos Musik auch von seiner Interpretation. Cover-Interpretationen leben davon, dass man einen echten Bezug zu Udo hat und den Song live vorträgt – deshalb kamen Max Giesingers Auftritt „Ein ehrenwertes Haus“ und Naidoos „Ich glaube“ auch rüber und Maite Kelly und Barbara eben nicht, wobei letztere es eigentlich kann – schade, dass sie sich für ein Vollplayback entschieden hat, sonst gäbe es vielleicht nicht so viel Kritik?

Sehr spannend ist übrigens die teilweise extrem unterschiedliche Bewertung der Sendung – je nachdem, von wem sie kommt. Auf Jenny Jürgens’ offizieller Seite liest man vornehmlich Lob und Anerkennung für die Show: https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=1831602983763047&id=1473535786236437 , während auf Udos nach wie vor existenter Seite – und das ist extrem ungewöhnlich – doch kritische Töne die Überhand haben: https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=1831602983763047&id=1473535786236437 . Teilweise sind die kritischen Töne aber mehr als grenzwertig – in einem großen Udo-Forum gab es auf folgenden Beitrag (O-Ton!!!): „guckt einer udo jürgends im fern jetzt läuft was von ihm auf rtl“ – Zitatende – knapp 100 Antworten, wobei fast niemand z. B. auf die Schreibweise von Udos Nachnamen eingeht. Sehr viele kritische Stimmen beschäftigten sich aber mit der Moderatorin. Da muss die Frage gestattet sein, wie ernst so eine Kritik zu nehmen ist… – wenn dann noch in anderen Foren behauptet wird, Udo selbst wäre niemals bei RTL aufgetreteten, ist man geneigt, ein bekanntes Dieter Nuhr-Zitat zu bemühen, das mit „kein Ahnung?“ anfängt…

Man muss dazu wissen, dass viele der Facebook-Freunde ihre Udo-Leidenschaft erst posthum entdeckt haben und solche Gruppen auch zwei Jahre nach Udos Tod noch als Kondolenzgruppen (miss)verstehen. Da wird Barbara Schöneberger „mangelndes Mitgefühl“ attestiert. Also wer bei der „Merci, Udo!“-Show eine Trauerfeier erwartet hat, der hatte nach meinem Eindruck nun wirklich eine falsche Erwartungshaltung, und insofern sei Entscheidungsträgern angeraten, derartige Foren nicht als Maßstab für irgendwelche Planungen zu nehmen.

Unter dem Strich kann man dennoch allen Zuständigen nur danken, es zumindest versucht zu haben. Es war einen Versuch wert.

Eine Wiederholung am Sonntagnachmittag wäre auch gut vorstellbar.

HINWEIS AM RANDE: Bei der Bewertung der Quote sollte man einen wichtigen Aspekt nicht außer Acht lassen: Genau am Sendetag von "Merci Udo" wurde parallel Geschichte geschrieben: Der Pay-TV-Sender Sky zeigte auf seinem neuen Free TV Sender "Sport Sky News HD" überraschend ein Bundesliga-Spiel des FC Bayern (gegen Mainz 05) live und unverschlüsselt in voller Länge. Es ist durchaus anzunehmen, dass das die Einschaltquote beeinflusst haben könnte – zumindest, was die absolute Zuschauerzahl angeht.

Foto-Credit: Dominik Beckmann für Sony Music

 

Stephan Imming, 03.12.2016
http://www.ariola.de
http://www.udojuergens.de

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