"FETENHITS"
"Das 3-CD Box-Set" Fetenhits – die Deutsche – Best Of" im Test von Holger Stürenburg!

 

Drei vollgefüllte Drei-CD-Sets unter dem beliebten und bekannten Motto „Best of FETENHITS“ sind dieser Tage bei Polystar/UNIVERSAL erschienen. Sowohl bei „Best of FETENHITS – SCHLAGER“ (Rezension HIER), als auch bei  „Best of FETENHITS – Neue Deutsche Welle“ (Rezension HIER) handelt es sich um wahrhaftig phantastisch austarierte Verzahnungen nahezu ausschließlich so grandioser, wie exemplarisch genrebezogener Titel aus mehreren Jahrzehnten. Zusammengefasst erreichen beide genannten CD-Boxen, gerade weil bei der Auswahl so konstruktiv auf Geschmack, Relevanz und Vollständigkeit der jeweils beackerten Themenfelder penibel und sachkundig wertgelegt wurde, diese ebengenannten, hoch gesteckten Ziele im Grunde genommen – ginge es dabei um eine universitäre Abschlussarbeit – mit „Summa Cum Laude“.

Bei der dritten aktuellen „Best of FETENHITS“-Koppelung hingegen mag keine so rechte Freude aufkommen. Unter der Überschrift „Best of FETENHITS – Die DEUTSCHE“ findet sich, erneut auf drei CDs verteilt, diesmal jedoch relativ konzeptionslos aneinandergereiht, alles mögliche, muttersprachlich gesungene Liedmaterial aus allen nur erdenklichen Stilrichtungen zwischen Hans Albers und den „Fantastischen Vier“, zwischen „Truck Stop“ (!) und „Unheilig“. Obwohl unter den insgesamt 60 Liedern durchaus eine ganze Menge toller deutscher Rock- und Popklassiker auszumachen sind, lässt sich bei der Verkoppelungsstrategie keine durchgehende rote Linie erkennen. Es ist auch für den Kundigen in Sachen deutscher Popkultur kaum ersichtlich, weshalb der eine oder andere Titel seinen Weg auf diese Zusammenstellung gefunden hat – und warum stattdessen andere, ähnlich bedeutsame Lieder nicht berücksichtigt wurden.

Zu den klanglichen Höhepunkten auf „Best of FETENHITS – Die Deutsche“ zählen gewiss die guten, alten Deutschrock-Koryphäen Marius Müller-Westernhagen („Sexy“, 1989, „Willenlos“, 1994), Heinz Rudolf Kunze („Dein ist mein ganzes Herz“, 1985), Klaus Lage („Tausend und ein Nacht“, 1984) oder Achim Reichel („Aloha Heja He“ u. “Kuddel Daddel Du“, beide 1991). Auch eher Sachteres, Poppigeres, wie Purple Schulz („Verliebte Jungs“, 1985), „Clowns & Helden“ („Ich liebe Dich“, 1986), „De Höhner“ („Wenn nicht jetzt, wann dann?“, 2005)“, oder Falco („Egoist“, „Out of the Dark“, beide 1998), muss zu den mehr als nur positiven und erquicklichen Hörerlebnissen auf hier vorgestellter Dreifach-CD notiert werden. Meinetwegen – auch wenn ich, rein subjektiv betrachtet, die süßlichen Betroffenheitspopper aus dem Schwabenlande noch nie besonders ausstehen konnte – passen sogar „PUR“ mit ihrem geschwollen-aufgeblähten Schwulstpop a la „Abenteuerland“, „Ein graues Haar“ (beide 1995) oder „Lena“ (1992) äußerst gut auf diese Koppelung.

Die hochdramatische, wie –melodische, einstige „Langnese“-Werbung „So schmeckt der Sommer“ (Edward Reekers, 1995), das friedensbewegte Protestmantra der holländischen „BOTS“, „Sieben Tage lang“ (1980), oder Rio Reisers rockige Vision, was so alles vonstattenginge, wenn er „König von Deutschland“ (1986) wäre, schmücken vortrefflich die Schublade ‚tönender Zeitgeist‘ aus und verleihen dem ganzen Vorhaben zumindest eine gewisse gesellschaftlich-politisch relevante Note.

Die Torfmoorholmer Bagaluten-Combo „Torfrock“ („Beinhart“, 1991“), die Frankfurter Funpunk-Truppe „Creme 21“ („Wann wird’s endlich wieder richtig Sommer“, 1996 – Rudi Carrell im Punkrock-Gewand, einfach nur köstlich!), oder die lispelnde „Hamburger Perle“ Lotto King Karl („Fliegen“, 2000) sorgen für einen passablen Spaß-Faktor auf hier analysierter Dreier-CD. Die besten ostdeutschen Rockbands sind selbstverständlich gleichfalls auf „Best of FETENHITS – Die DEUTSCHE“ vertreten: Die „Puhdys“ zelebrieren so ihren folkrockig-versponnenen 1976er-Evergreen „Alt wie ein Baum“, sowie ihre pompöse 1998er-Eishockey-Hymne „Hey wir woll’n die Eisbär‘n seh’n“, „Silly“ begeben sich mit dem erhaben schwebenden Gefühlsausbruch „Bataillon d’Amour“ (1986) in verträumt-surreale Gefilde, „Keimzeit“ rocken sich mittels des treibenden Ohrwurms „Kling Klang“ gitarrenlastig auf wilde Reisen in ferne Länder, und „City“ sitzen, wie gehabt, gedankenversunken und streicherverziert „Am Fenster“ (1977).

Fröhlichen Rockschlager mit Wiedererkennungswert vernehmen wir ferner von unser aller Wolle Petry („Ruhrgebiet“, 1993) oder der Iserlohner NDW-Band  „ZOFF“ („Sauerland“, 1983) – in diese Kategorie fallen ja ‚irgendwie‘ auch das Berliner Pop-Skandalon Drafi Deutscher („Marmor Stein und Eisen bricht“, 1965), die ‚Cowboys von der Waterkant, mit ihrem Nashville-Sound‘, „Truck Stop“ („Der wilde, wilde Westen“, 1980), gerne auch der „Schlagermove“-Burner „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“, hier in der aufgepeppten Trash-Deutung von Kultparodist Dieter Thomas Kuhn (1998), bzw. gar des Helenchens ultimativer Disco-Überflieger „Atemlos durch die Nacht“ (2013, hier im konsequent Nightlife-geeichten „Bassflow Radio Mix“ bedacht). Aber so richtig wollen (und können) sich diese eher schlagerhafteren, per se sanfteren Klangexponate nicht so recht in den rockig-poppig-lauteren Kontext der meisten anderen Songs von „Best of FETENHITS – Die DEUTSCHE“ einfinden.

Natürlich ist es als außerordentlich erfreulich und praktikabel zu bewerten, wenn bei einer auf Vielseitigkeit angelegten Hit-Koppelung, die sich in erster Linie mit dem einheimischen Rock- und Popgeschehen beschäftigt, einzelne Lieder von Udo Lindenberg, „BAP“, Matthias Reim oder der „Münchener Freiheit“ Eingang ins Repertoire erhalten. Alle genannten Acts haben sämtlich im Laufe mehrerer Jahrzehnte ihr Scherflein zum guten Gelingen der deutschen Popkultur beigetragen. Wenn von der „Nachtigall von Billerbeck“ die tatsächlich sehr gelungenen „MTV-Unplugged“-Einspielungen seiner unverbrüchlichen Allzeit-Hits „Ein Herz kann man nicht reparieren“ (mit Anete Humpe) und „Reeperbahn“ (mit Jan Delay) (angereichert durch seinen genialen 2008er-Comebackkracher „Mein Ding“) ausgesucht wurden, so ist dies geschmacklich absolut nachvollziehbar, da diese entschlackten Neuaufnahmen zweifellos zu einer gewissen Auffrischung und Entstaubung des betagten Liedmaterials beigetragen haben – wofür Udo ja völlig zu Recht allerorts enorm gelobt wurde. Weshalb aber das ursprünglich so authentische, intime und eindringliche „BAP“-Epos „Verdamp lang her“ in einer 2005 entstandenen, einerseits gelangweilt dahin plätschernden, andererseits übertrieben von verzerrten Grunge-Gitarren zerrockten, sog. „vollkölschen“ Nachempfindung (Was haben Niedecken und Co. denn Zeit ihrer Karriere anderes gemacht, als „vollkölsch“ gesungen und musiziert??) zum Zuge kommen muss, anstatt dass die Zusammensteller auf die legendäre 1981er-Originalfassung zurückgegriffen haben – obwohl auch für diese die Verwertungsrechte im Konsortium UNIVERSAL liegen -, bleibt ebenso unerfindlich, wie die Beantwortung der Frage, warum von Matthias Reims unvergesslichem Rockschlager „Verdammt ich lieb Dich“ zwar seitens der UNIVERSAL-Verantwortlichen die 1990er-Urauslegung desselben bei MONOPOL Records anlizenziert wurde, man von ‚Matzes‘ 1991er-Erfolg „Ich hab mich so auf Dich gefreut“ jedoch eine (hauseigene) klanglich schier schaurige, unnötig grell-dröhnend aufgebauschte 2014er-Verhunzung für „Best of FETENHITS – Die Deutsche“ nutzte. Und selbst, wenn die Lizenzgebühren für die bestenfalls schalen, schlimmstenfalls schlicht entwürdigenden 2013er-Neuaufnahmen der „Münchener Freiheit“-Gassenhauer „Ohne Dich (schlaf ich heut‘ Nacht nicht ein)“ (im Original aus 1986) und „So lang man Träume noch leben kann“ (Original: 1987), die beim Independent-Label EDEL liegen, vermutlich recht niedrig waren, so wären die Zuständigen bei UNIVERSAL dem selbstgesteckten Ziel, eine kompakte, sachdienliche und dekadenübergreifende Deutschrock/-Pop-Kompilation zu kreieren, weitaus näher gekommen, wenn sie doch die so berührenden und gefühlvollen 80er-Deutungen der beiden genannten Titel bei SONY angefragt hätten, anstatt auf die eilig und ziemlich lieblos neueingespielten 2013er-Varianten zurückzugreifen, die ohne den bisherigen „Freiheit“-Frontmann Stefan Zauner nicht mal die (ohnehin schon als fragwürdig einzustufende) Qualität eines matten Abklatsches aufweisen.

Die dritte CD ist für die Freunde der traditionelleren Deutschrock-Klänge der 70er, 80er, sogar noch der 90er Jahre, die die ersten beiden Silberscheiben von „Best of FETENHITS – die DEUTSCHE“ überwiegend ausmachen, nicht ganz so leicht verdaulich. Hierfür haben die UNIVERSAL-Mitarbeiter fast ausnahmslos solche Beiträge herausgesucht, die in der Zeit nach dem Millennium, also zwischen 2000 und heute, entstanden sind. Die meisten derer haben daher mit klassischem, deutschen Rock und Pop des vergangenen Jahrhunderts klanglich nicht mehr allzu viel gemein. Folglich wirken viele dieser Lieder für 80er-gestählte Ohren erst einmal überaus gewöhnungsbedürftig: Der Augsburger Songwriter und gar nicht mal so üble Grönemeyer-Epigone Andreas Bourani („Auf uns“, 2013), der offenkundig musikgeschichtlich sehr bewanderte Berliner Ex-„Ich & Ich“-Mitstreiter Adel Tawil („Lieder“, 2014), dessen Hauptprojekt, gemeinsam mit Anete Humpe, „Ich & Ich“ („Vom selben Stern“, 2007), die gräflichen Kaufhaus-Gothic-Popper „Unheilig“ („Große Freiheit“, 2010), die abgehobenen Hamburger Gitarrenrocker „Revolverheld“ („Freunde bleiben“, 2005) oder die Gießener Pop-Rocker „JULI“ („Perfekte Welle“, 2004) haben vermutlich für die in den 90ern und später geborenen Deutschpop-Kids dieselbe monumentale Bedeutung, die für unsere Generation „BAP“, Udo L., Kunze oder Westernhagen besaßen und besitzen. Bestimmt aber gibt es manche von uns „Reiferen“, die womöglich kaum noch nachvollziehen können, was uns die jungen, lauten, oft ‚schiach‘ schrammelnden Deutschrock-Bands des Heute und Hier so genau sagen, mitteilen, mit auf den Weg geben wollen. Zu diesen rechnet sich in nicht wenigen Fällen zumindest der Verfasser dieser Zeilen.

Darüber hinaus sind die norddeutschen Kommerz-Shanty-Helden „Santiano“ mit einem gleichnamigen (Pseudo-)Folkrock (2012) mit von der Partie; der weitaus sympathischere, weil ehrlichere und vor allem prinzipienfeste, selbsternannte „Volks-Rock’n’Roller“ Andreas Gabalier hymnisiert zudem seine geliebte „Zuckerpuppen“ (2013) im feurigen Schuhplattler-Rockabilly-Style, die edlen Berliner Popchanson-Experten „Rosenstolz“ bekennen feudal und hymnisch „Ich bin Ich („Wir sind Wir)“ (2006) und die in den uncoolen 90ern so umschwärmten und bekreischten Hamburger Teenie-Heroen von „ECHT“ zeigen sich, Dank der elitär-geschmeidigen Michel-van-Dyke-Komposition „Du trägst keine Liebe in Dir“ (1999), als weltschmerzende Post-Pubertäre „Smiths“-Versteher.

Zum letzten Viertel der dritten Scheibe von „Best of FETENHITS – Die DEUTSCHE“ kann der Rezensent mangels Fachkenntnis und Verständnis für das Vorgetragene überhaupt nichts sagen. Rap- und Hip Hop-Artisten der Sorte „Fettes Brot“ („Jein“, 2014), „Culcha Candela“ („Hamma“, 2007), die „Fantastischen Vier“ („Troy“, 2004) oder Peter Fox („Schüttel Deinen Speck“, 2008) verursachen bei mir nicht nur rigoroses Achselzucken, sondern regelrecht Kopfschmerzen und Anfalle stärkster Nervosität…;-)  

Die witzige Ode auf den „Sexualverkehr“ (2013), eine schwülstig-theatralische Überzeichnung der blumigen Schnulzen der Goldenen 70er, herrlich schräg geschmachtet von dem Osnabrücker Entertainer und Schauspieler Christian Steiffen, sowie die schnelle, heftige Rock’n’Roll-Parodie „Nie wieder Alkohol“ (1994) der Schleswig-Holsteiner Rockband „Illegal 2001“ (die jedoch harmonisch und inhaltlich unverkennbar an Hannes Bauers legendären „Sabbel-Boogie“ erinnert…), stimmen uns traditionelle Alt-Rocker zum Ausklang von CD-03 vorliegender Box allerdings schnell wieder versöhnlich.

Dennoch besitzt „Best of FETENHITS – Die DEUTSCHE“, trotz so einiger sehr imposanter, liebenswerter und aufregender deutscher Rock- und Pop-Perlen, zwei nicht wegzudiskutierende Mankos. Zum einen ist die Spannbreite zwischen betulichen Schlagern, traditionellem Poprock mit deutschen Texten und neumodischen Grunge-, Indie- und Hip-Hop-Expertisen schlussendlich viel zu umfangreich und weitschweifig ausgefallen. Die Skip-Taste kommt häufiger zum Einsatz, als bei Hit-Sammlungen im Allgemeinen nötig. Der voluminöse Stil-Mix wirkt selbst auf Wohlwollende extrem unsortiert, planlos und verwirrend. Zum anderen wurden zu viele zweitklassige Neuaufnahmen allseits geläufiger Dauerbrenner der Tracklist hinzugefügt. Wegen ein paar Cent einzusparender Lizenzgebühren oder ob der Tatsache, dass einige Neuauslegungen direkt im Hause UNIVERSAL verwertet werden, wird die Hörfreude durch genau solche, oft ohne jegliche Inspiration, im Schnellverfahren von den jeweiligen Künstlers aus reiner Ideenlosigkeit zusammengeschusterten Selbstkopien enorm getrübt.

Diese beiden Faktoren, die „Best of FETENHITS – Die DEUTSCHE“ bedauerlicherweise viel zu stark im Negativen prägen, wären jederzeit vermeidbar gewesen, zumal die zwei weiteren, aktuellen „Best of FETENHITS“-Koppelungen – „Schlager“ und „NDW“ – ja in phänomenaler Manier beweisen, dass es auch gänzlich anders und viel sachgerechter gehen kann!

Holger Stürenburg, 24./25. April 2015
http://www.universal-music.de/musik/compilationsfetenhits
http://www.universal-music.de/fetenhits/home

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