PETER ALEXANDER
Die CD “Von Böhmen nach Wien” im Test von Holger Stürenburg!

Die “Raritäten-Kollektion” von Peter Alexander geht somit bereits in die vierte Runde! 

Es gibt eigentlich keine musikalische Stilrichtung, kaum eine künstlerische Gattung, in der das österreichische Allroundtalent Peter Alexander im Zuge seiner fast 50 Jahre währenden Karriere nicht zu Hause war. Der 1926 als Alexander Neuenhauser geborene Showstar und “Schwiegersohn-Typ” sang Operette und Schlager, Jazziges und Musicals, Rock’n’Roll, Chansons und internationalen Pop. Er parodierte Falco und Hans Moser, versuchte sich in Neuer Deutscher Welle und Rap, spielte im Theater und im Film ernste und lustige Rollen gleichermaßen mit Können und Überzeugung. Jahrzehntelang war er nicht aus Fernsehen und Radio wegzudenken, ob als Sänger, Conferencier, Showmaster oder musikalischer Reiseführer. Entsprechend traurig sind seine vielen Anhänger, daß ihr Lieblingsstar seit rund zehn Jahren keine neuen Lieder mehr aufgenommen hat.


Klar, denn vor wenigen Wochen feierte Peter Alexander seinen 79. Geburtstag, und mangels guter Drehbücher sowie aufgrund privater Schicksalsschläge, sicherlich auch, um sich nicht als tingelnder “Schlageropa” lächerlich zu machen, hatte er sich bereits vor längerem, freiwillig und ohne großes Aufsehen, aus dem öffentlichen Musik-, Bühnen- und TV-Geschehen zurückgezogen. Trotzdem gehen bei seiner langjährigen Plattenfirma Ariola (heute ein Label des Medienriesen SONY-BMG), an die er von Mitte der 60er Jahre bis Mitte der 90er Jahre vertraglich gebunden war, immer wieder Anfragen und Bitten interessierter Fans ein, man möge doch dieses oder jenes Schmankerl aus Peters weit über 100 LP-Veröffentlichungen aus dem Archiv herauskramen und endlich auf CD pressen. Denn bislang liegt letztendlich nur ein Bruchteil des Alexander’schen Musikschaffens neu gemastert auf Silberscheibe vor. So wurde 2002 eine CD-Serie ins Leben gerufen, auf deren bisher drei Teilen – “Liebesträume”, “Die schönsten Duette”, “Live – Die Goldenen Jahre” – ausschließlich solche Lieder von Peter Alexander versammelt sind, die seit Ewigkeiten vergriffen sind und noch nie zuvor in CD-Form erhältlich waren.


Am 18. Juli diesen Jahres erscheint nun Folge Vier dieser Reihe: “Von Böhmen nach Wien” beinhaltet mit einer Gesamtspielzeit von fast 63 Minuten insgesamt 20 rare Aufnahmen aus den Jahren 1965 bis 1979, die sich thematisch ausschließlich mit Peters Geburtsort Wien und der Heimat seiner Großeltern, Böhmen, auseinandersetzen. Obwohl mit “Aus Böhmen kommt die Musik” (1983) und “Mein Wien” (1991) schon zwei sehr erfolgreiche Alben, deren Repertoire sich um genannte Themenkreise dreht, erschienen (und bis heute auch erhältlich) sind, fanden die rührigen Ariola-Macher darüber hinaus noch eine Vielzahl netter, fröhlicher, ab und zu durchaus auch skurriler bis “trashiger” Lieder über “Zwei Verliebte in Wien”, den “Hausball bei Brezina” oder “S’ Herz von an echten Wiener”. Überschneidungen zwischen eben genannten CDs und “Von Böhmen nach Wien” gibt es nicht.


Zwischen Schlagerhaftem (“Maruschka”), Couplets (“Zeit bleibt nicht stehen”, “Laß das sein”), Volkstümlichem (“Remasuri-Polka”, “Karlsbader Polka”) und inzwischen beinahe klassischen Kompositionen von Johann Strauß jr. (“Tratsch-Polka”), Franz Schubert (“Lied aus Wien”) oder Ralph Benatzky (“Mehlspeis”), findet sich auf vorliegender Kompilation eigentlich alles, was ein echter Peter-Alexander-Fan – aber vermutlich auch fast ausschließlich dieser – noch heute von seinem Idol hören möchte. Im typischen ‚Wiener Lied’ “Die Reblaus” parodiert der bis in die Jetztzeit hinein sehr beliebte und zutiefst verehrte Entertainer gekonnt das österreichische Original Hans Moser, als Duett mit dem unvergessenen Mimen Paul Hörbiger ist das Chanson “I marschier mit mein’ Duli Dulieh” konzipiert. “Unser Lieblingswiener” (Pressetext) entführt uns im “Böhmischen Medley” in selige Zeiten der K.U.K.-Monarchie oder mittels “A klanes Laternderl” in die schummrige Großstadtromantik der glücklich-naiven 50er Jahre. Peter Alexander, wie eh und je bis zum Bersten von Charme und Schmäh beseelt, feiert gemeinsam mit seinen Zuhörern den wilden “Hausball bei Brezina”, gesteht augenzwinkernd “I hab amal a Räuscherl g’habt”, fordert seine Angebetete forsch auf “Geh, mach Dein Fensterl auf” oder huldigt verträumt-melancholisch dem legendären “alten Herrn Kanzleirat”.


Schlagerspezialisten, Musikchronisten, Raritätensammlern und natürlich den Tausenden überzeugten Peter-Alexander-Freunden bereitet Ariola/SONY-BMG eine große Freude mit der liebevollen Zusammenstellung auf “Von Böhmen nach Wien”, die der peniblen Suche nach seltenem Material auf Flohmärkten und Plattenbörsen endlich ein Ende macht, während der konventionelle Popkonsument über die eine oder andere Nummer auf Peters aktuellem Silberling wohl kräftig den Kopf schütteln wird. Zickige Polkas, Wiener Lieder, streichergeprägte Kaffeehausmusik, bombige Märsche und klassisch angehauchte Couplets, wie auf “Von Böhmen nach Wien” zuhauf zu vernehmen, sind häufig sehr speziell, gerade für Jüngere mehr als nur gewöhnungsbedürftig, und stellen natürlich alles andere als das dar, was man in den letzten Jahren, gar Jahrzehnten, in den offiziellen Hitparaden vorfand. Trotz oder gerade wegen dieser oft ungewöhnlichen und nicht alltäglichen Klänge auf “Von Böhmen nach Wien”, bringt es enormen Spaß, diesen mitreißenden, bunten und niemals langweiligen musikalischen Ausflug in die heimatlichen Welten von “Peter, dem Großen” zu unternehmen und macht zudem Appetit auf weitere “Rare Tracks” des unvergessenen Showstars – immerhin schlummern tief in den Ariola-Archiven noch so leckere Spezialitäten wie Peters auf Plattenbörsen hochgehandelte Musical-Melodien (LP. “Musical-Show”, 1971) oder seine 1969 gemeinsam mit Olivia Moore getätigte, deutschsprachige Aufnahme der US-Revue “Kiss me Kate”, mit dem – gerade in Anbetracht der hohen Temperaturen in diesen Tagen – unvergeßlichen Klassiker “Viel zu heiß”, so daß eine fünfte Folge der Raritäten-Reihe Peter Alexanders durchaus heißen könnte “Die schönsten Musical-Melodien”!



Gesamtnote: 2 bis 3

Holger Stürenburg, 13./14. Juli 2005

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