STEPHAN SULKE
Sehen Sie HIER den Videoclip zu "Zwei Fremde in einem fremden Haus"!

Musikalisch wandelt der kultige Liedermacher diesmal ein bisschen sehr auf den Spuren der Beatles …! 

Ich wollte bloss Pop-Songs – zu Deutsch „Schlager“ schreiben. Songs, bei denen man nicht lang nachdenken muss, Songs, die den Herzensschalter auf Strom stellen, Songs, die am andern Ende der Leitung ankommen. Und dann – jesses, wieso denn nicht – wollte ich den Melodien einen Tick mehr geben, als C-Dur, G-Dur, und den Texten etwas mehr, als:

Du schau nur die Berge,
Oh, was für ein schöner Traum
Dort stehn sieben Zwerge
Im schneeweissen Wolkenschaum

Drum schreib ich halt:

Ich bin allein, du bist allein
Und fürchten uns beide vor’m einsam Sein
Komm wir probieren es einfach aus
Zwei Fremde in einem fremden Haus

Und statt C-Dur G-Dur , leg ich eben einen Moll-Akkord dann und wann zwischen hinein damit’s ein bisschen mehr schmeichelt.

Nennt mich Schlagerheini, Songer-Song_Writer, Liedermacher, oder verwelkten, schnulzensingenden Poeten.

Ansonsten, von mir gibt’s nicht viel zu erzählen.
Also: Ich wurde geboren. Kann mich zwar nicht dran erinnern, aber ich bin da, und die menschenübliche Meinung ist, wenn man da ist, wurde man auch geboren.

Wann? In meinem Pass steht 27.12.1943. Das könnte stimmen. Wenn ich mich beim Rasieren im Spiegel angucke, wie einer, der vor zwanzig Jahren geboren wurde, seh' ich nicht aus.

Wo? In meinem Pass steht: Schanghai. Daran kann ich mich nun auch nicht mehr erinnern, aber meine Mutter bestätigte mir dies oft genug. Und Mütter haben bekanntlich immer Recht.

Wieso in Schanghai? Ja eben: weil 1943. Eigentlich hätte es Berlin sein sollen. Aber ab 1933 und vor allem ab 1939 waren Leute wie meine Eltern in Deutschland unerwünscht.

Mein Vater – er ruhe in Frieden – verkaufte in Shanghai Baumwollabfälle an die Japaner. Und dafür kam er bei unseren Freunden aus den USA auf eine schwarze Liste. (Ich weiß nicht, ob die Liste wirklich schwarz war, wahrscheinlich war sie weiß mit schwarzen Buchstaben). Es war jedenfalls eine Liste, auf der Personen standen, die man in Amerika nicht wollte, weil sie Geschäfte mit dem Feind machten. (Anmerkung für die Jüngeren, bzw. die Geschichtsunkundigen: damals waren Japaner Feinde. Heute sind sie Freunde. Moral: Der Begriff "Feind" ist wechselhafter Natur).

Aus dieser Geschichte hab ich was gelernt: Zuerst musst du wegrennen, weil dich sonst die eine Seite umbringt. Und wenn du weggerannt bist, kriegst du Prügel von der andern Seite.

1947 nachdem Amerika nun mal nicht wollte, fuhren meine Eltern mit mir in die Schweiz. Dort starb mein Vater. Zuvor hatte er für hunderttausend, oder zweihunderttausend damaliger Dollars – so genau weiß das heute keiner mehr, oder will's nicht mehr wissen – deutsche Aktien gekauft. Lauter unbekannte Firmen: Siemens, Daimler usw. Die Aktien kosteten damals ein paar Pfennige – Cents – moderner gesagt. Wenn ich heute die Aktienkurse angucke wird mir übel , oder schwindlig- das zweite kommt mit dem ersten. Wieso? Weiterlesen.

Meine Mutter war nun in der Schweiz, mit einem vierjährigen Bengel, ohne Pass, so was brauchte man damals noch, und ohne Geld, das braucht man heute immer noch. Sie hatte nur diese blöden Aktien. So kam ich zu einem schweizerischen Stiefvater.

Die Aktien verkaufte meine Mutter nach der Heirat, und mit ihrem neuen Mann – er war Hotelkaufmann – kaufte sie ein kleines Hotel am Genfer See. Sie hätte gescheiter die Aktien behalten, dann wäre ich wohl später nie auf die Idee gekommen, Musik zu machen, sondern wäre so ein kleiner Rothschild oder Rockefeller geworden.

Ich wuchs mehr oder weniger dreisprachig auf. Mein Stiefvater sprach französisch, meine Mutter deutsch und meine Tante in Amerika, bei der ich oft war, sprach Englisch – mit einem grauenhaften Akzent.

Ich merke, diese Kurzbio wird zu langatmig. Also, ich wuchs irgendwie auf, sonst gäbe es diese Zeilen nicht. Logisch.

Mit vierzehn kaufte ich mir eine Gitarre. Mit selbstverdientem Geld. Die Hotelinvestition meiner Mutter war nicht von allzu viel Erfolg gekrönt gewesen. Das Hotel lag zwar schön am See, aber irgendwie kamen keine Gäste. Abgesehen davon, ich kaufte mir die Gitarre sowieso lieber selber, so musste ich niemandem Danke sagen. Wie ich zu dem Geld für die Gitarre kam? Schulferien. Unternebenhilfsconcierge in einem teuren Hotel in Sankt Moritz spielen. Für ein Minigehalt. Die Trinkgelder teilten sich der Concierge, der Hilfsconcierge, der Nebenconcierge und der Nebenhilfsconcierge. Der Unternebenhilfsconcierge guckte in die Röhre, manche Dinge ändern sich nie.

Bekannt wurde ich zum ersten Mal mit etwa achtzehn. Da sang ich auf meiner ersten Schallplatte in Paris. Ich bekam dafür sogar einen Preis – statt der Tantiemen. Der Preis wurde mir von einem ehrwürdigen, alten Herrn Namens Maurice Chevalier überreicht. Aber im französischen Show-Business hielt ich es nicht lange aus. Zu viele Preise, zu wenig Tantiemen…

Etwas später, ich glaub es war 1965, produzierte ich während eines Besuches bei meiner Tante in Atlanta, Georgia, eine Platte. Ich hatte dort einen Produzenten überzeugt. Der schleppte mich nach Nashville. Nashville war – ist immer noch – das Zentrum für country-music. Country-music ist die amerikanische Version von Umpa-Umpa Volksmusik. Nashville könnte in Bayern liegen. Als Werbung für die Scheibe fiel der Plattenfirma ein genialer Satz ein: "A Swiss to watch". Wäre abgekürzt Swatch. Klingt irgendwie bekannt.

Meine Platten waren mittelmäßig erfolgreich und wesentlich weniger als mittelmäßig in der Qualität. Dann hatte ich vom amerikanischen Showgeschäft die Nase voll und ging zur Uni nach Bern, um Rechtsgelehrter zu werden.

Ab 1971 war ich dann wieder im Showgeschäft. Diesmal nicht mehr als Bänkelsänger, sondern als Studiobetreiber. Ich lernte Claude Nobs, den Gründer des Jazz Festivals von Montreux kennen, und gemeinsam heckten wir den Plan aus, die Konzerte in professioneller Qualität aufzunehmen. Einerseits kam ich in Berührung mit wirklich begabten Menschen. Andererseits merkte ich, dass kommerzieller Erfolg und künstlerischer Wert zwei Paar Schuhe sind. Leider, leider, leider. Man muss sich entscheiden…

1976 entschied ich mich fürs Zweite und so kam meine erste deutsche Langspielplatte in Deutschland an die Öffentlichkeit. Zuerst wollte kein Vertrieb meine Bänder. Es dauerte ein paar Monate, bis ich jemanden überreden konnte. Er hat's nicht einmal bereut.

Ich erhielt den deutschen Künstlerpreis des Jahres als "Nachwuchskünstler des Jahres" …mit 33 Jahren. Steinbock. Spätzünder. Besser spät als nie. Gut Ding…. Zwei Jahre später wurde ich zum "Künstler des Jahres" ernannt, was immer dieser pompöse Titel bedeuten mag.
1981 hatte ich diese Idee mit der emanzipierten Dame. Ich nannte den Song: Uschi mach kein Quatsch (("Uschi")).

Und sonst? Na ja, nebenbei gründete ich mal eine Firma für Studiotechnik (weil ich das Zeugs zum kaufen zu teuer fand). Produzierte auch andere Dinge unter irgendwelchen Pseudonymen, ach ja, ich schrieb 1982 und 1984 zwei kleine Schmöker, "Kekse" hieß der eine, mehr als Krümel waren da auch nicht drin. Dreizeilige Aphorismen und ein paar Zeichnungen. Den andern nannte ich "Liebe gibt's im Kino – eine Art Selbstporträt".

1989 verzog ich mich – wie ich meinte für immer – und im Jahr 2000 hielt ich's nicht mehr aus und bin wieder da.

Wie am Anfang erwähnt: es gibt nicht soviel zu erzählen. Alles ziemlich banal.

 

Staatsakt. (Textvorlage)
http://www.staatsakt.com/
http://www.stephansulke.com/main/

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