smago! INFORMIERT
Hilferuf der deutschen Konzert- und Tourneeveranstalter!

Lesen Sie HIER ein Schreiben von Prof. Jens Michow, Geschäftsführender Präsident Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e. V.…:

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren Bundestagsabgeordnete, 

die deutschen Konzert-, Tournee- und Festivalveranstalter nehmen mit größter Verzweiflung die aktuelle Entwurfsfassung von Artikel 240 EGBGB § 1 zu den „Vertragsrechtlichen Regelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie“ zur Kenntnis. 

Aufgrund der aktuellen Veranstaltungsverbote steht die deutsche Veranstaltungswirtschaft vor der kaum zu bewältigenden Herausforderung, die Kartenkäufe für rund 80.000 (nur) bis Ende Mai 2020 stattfindende Veranstaltungen mit einem Umsatz von 1,25 Milliarden Euro rückabwickeln zu müssen. Dies würde bei dem Großteil der deutschen Veranstaltungsunternehmen zwangsläufig bereits kurzfristig zu einem wirtschaftlichen Kollaps führen.

Der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, der nahezu 100 % der Unternehmen der deutschen Veranstaltungswirtschaft repräsentiert, hat daher bereits vor zwei Wochen angeregt, dass der Rückerstattungsanspruch des Ticketinhabers ausgeschlossen ist, wenn der Veranstalter die untersagte Veranstaltung innerhalb eines Jahres nachholt. Entsprechende Gesetzesvorlagen befinden sich in Österreich, Italien, Belgien und Dänemark bereits in der Umsetzung. 

Der Entwurfsstand vom Freitagabend sah für Art. 240 EGBGB§ 1 sah ein allgemeines, zumindest bis zum 30.09.2020 befristetes Leistungsverweigerungsrecht für von der Corona-Krise betroffene Schuldner vor. Eine solche Regelung würde es den vielen hundert von den derzeitigen bundesweiten Veranstaltungsverboten betroffenen

Veranstaltern von Kultur- und Musikveranstaltungen gestatten, abgesagte Veranstaltungen in den Herbst zu verlegen, oder im Fall einer unvermeidbaren Absage die Rückzahlung der Ticketpreise zumindest gestreckt vorzunehmen. Dies würde unmittelbar dazu beitragen, die Liquidität dieser Unternehmen zu schützen, ansonsten unvermeidbare Insolvenzen zu verhindern und die akut drohende Vernichtung von großen Teilen der Kulturwirtschaft abzuwenden. Die am Freitagabend vorgeschlagene Lösung würde darüber hinaus keinerlei zusätzliche Belastung der öffentlichen Haushalte auslösen. Die Interessen der Verbraucher wären durch die im Entwurf vorgesehenen Zumutbarkeitsregelungen ebenfalls gewahrt. 

Die aktuelle Fassung sieht in §1 Abs. 2 ein Leistungsverweigerungsrecht nur noch für Kleinstunternehmern bei Dauerschuldverhältnissen vor. Damit reduzierte sich das in der gegenwärtigen Krise von Konzertveranstalten so existentiell benötigte Leistungsverweigerungsrecht nur auf Dauerschuldverhältnisse und nur auf Unternehmen, deren Jahresumsatz 2 Mio. EUR nicht überschreitet und die weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigen. Auf Konzert- und Tourneeveranstalter wäre diese Regelung aber bereits deshalb nicht anwendbar, da es sich bei Konzertangeboten regelmäßig nicht um Dauerschuldverhältnisse, sondern um singuläre Veranstaltungs-besuchsverträge handelt. 

Würde die aktuell vorliegende Entwurfsfassung beschlossen werden, würden Konzertveranstalter aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen auf nicht selten sechsstelligen Vorlaufkosten, die bereits in die Vorbereitung dieser Veranstaltungen geflossen sind, hängenbleiben. Da derzeit der Kartenverkauf auch für Konzerte in den kommenden Monaten komplett zum Erliegen gekommen ist und zudem nicht nur in Deutschland Spielstätten aufgrund der aktuellen Ungewissheit über die Dauer der Pandemie keine neuen Mietverträge abschließen, haben Veranstalter auch keine alternativen Möglichkeiten zur Einnahmeerzielung. Sie würden, sofern es bei der aktuellen Entwurfsfassung des Moratoriums (§ 1) bleibt, zwangsläufig in die Insolvenz getrieben. 

Um diese Folgen der aktuellen Krise abzumildern, müssen Veranstalter das Recht erhalten, die untersagte Veranstaltung innerhalb eines realistischen Zeitraums, nämlich innerhalb von 365 Tagen, nachzuholen. Dabei muss der Rückerstattungsanspruch des Ticketinhabers durch ein Leistungsverweigerungsrecht ausgeschlossen werden, sofern der Veranstalter die untersagte Veranstaltung innerhalb eines Jahres nachholt. Bitte berücksichtigen Sie, dass es faktisch unmöglich ist, tausende ausgefallener Veranstaltung bereits bis Ende September – gar nicht zu reden von Ende Juni 2020 – nachzuholen. 

Zudem bedarf es einer Regelung bezüglich der Verpflichtungen der Veranstalter, die sie bereits Monate vor Stattfinden eines Konzertes oder Durchführung einer Tournee zu deren Vorbereitung mit diversen Dienstleistern abgeschlossen haben. Das sind z.B. Mietverträge der Veranstalter mit Spielstättenbetreibern, die Anmietung von technischem Equipment, Buchung von Reisen, Verträge mit Caterern, Verträgen mit Dienstleistungspersonal. Diese sind regelmäßig so ausgestaltet – und dies entspricht bei Werkverträgen ohnehin der gesetzlichen Regelung des § 648 BGB – dass Veranstalter im Falle eines Veranstaltungsausfalls die vereinbarte Vergütung dennoch in vollem Umfang zu zahlen haben. Bereits das kann den Veranstalter in massive wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen. 

Um alldem effektiv entgegenzuwirken, bedarf es für die Zeit der Krise einer Änderung des geltenden Rechts, dass Veranstaltern das Recht eingeräumt wird, von Dienstleistungs- bzw. Werkverträgen zurückzutreten oder sie zu kündigen, sofern eine Veranstaltung aufgrund eines Umstands untersagt wird, den der Veranstalter nicht zu verantworten hat (also vorliegend im Falle der COVID-19-Pandemie). 

Wir bitten Sie ferner, bei Ihren Entscheidungen zu berücksichtigen, dass Veranstalter das Erfordernis der Absage ihrer Veranstaltungen nicht zu vertreten haben. Daher kann es auch nicht sein, dass Veranstaltungsunternehmen nunmehr auf ganz erheblichen existentiellen Schäden hängenbleiben. Bereits die bei Veranstaltungsabsagen bis Ende Mai zu erwartenden Schäden liegen bei über eine Milliarde Euro, die, sofern keine den besonderen Gegebenheiten der Veranstaltungsbranche entsprechende gesetzliche Regelung beschlossen wird, letztlich vom Staat zu tragen sein werden. Bitte berücksichtigen Sie auch das bei Ihren Entscheidungen. 

In den deutschen Veranstaltungsunternehmen sind eine hohe fünfstellige Zahl Arbeitnehmer tätig. Wirtschaftlich unmittelbar abhängig von dem Wirtschaftszweig sind viele weitere Unternehmen wie z.B. Technikdienstleister, Personaldienstleister für Sicherheit, Veranstaltungsstätten, Veranstaltungsgastronomie und Reinigungsunternehmen. Diese beschäftigen Arbeitnehmer in nochmals sechsstelliger Zahl. Hinzu kommen hunderttausende von Arbeitsplätzen in nachgelagerten Bereichen wie Beherbergung und Bewirtung, Transport, Vermarktung und Tourismus, deren Umsätze in erheblichem Maße ihren Ursprung in Live Entertainment-Veranstaltungen haben. Entertainment-Veranstaltungen sind anerkanntermaßen ein harter Standortfaktor und wesentlicher Treiber für regionalwirtschaftliche Effekte, deren Umfang häufig ein Mehrfaches der eigentlichen Veranstaltungsumsätze beträgt. 

Die deutsche Veranstaltungswirtschaft ist die tragende Säule des Kultur- und Freizeitlebens in unserem Land. Die in ganz Deutschland geltenden Veranstaltungsverbote sind ein massiver und zielgerichteter Eingriff in den Geschäftsbetrieb einer ganzen Branche, der ohne Beispiel ist und der ohne geeignete Unterstützungsmaßnahmen dazu führen wird, dass die deutsche Kulturlandschaft weit über das Ende der Corona-Krise hinaus massiven und dauerhaften Schaden nehmen wird. 

Die hohe Bedeutung und Systemrelevanz der Kultur hat auch die Bundeskanzlerin im Oktober 2018 in ihrer Rede zum Festakt 20 Jahre BKM im Humboldt Forum in Berlin ausdrücklich betont. Mehr als jede andere Branche in Deutschland ist die Veranstaltungswirtschaft daher für einen branchenbezogenen staatlichen Rettungsschirm prädestiniert. 

Dass nun aber selbst die allgemeinen und branchenunspezifischen Unterstützungsmaßnahmen im vorliegenden Gesetzentwurf in einer Weise verändert werden sollen, die zu einem Herausfallen ausgerechnet der besonders schutzbedürftigen deutschen Veranstaltungswirtschaft aus dem Schutzbereich dieses allgemeinen Gesetzes führt, ist nicht im Ansatz nachvollziehbar oder begründbar. 

Bitte lassen Sie es nicht so weit kommen! 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen 

Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e. V. 

Prof. Jens Michow 

Geschäftsführender Präsident 

Textquelle: Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e. V.  (Textvorlage)

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