CHRISTIAN ANDERS
smago! Kritik: Sein 4-CD-Set „Zeitlos (1945-…)“ ist epochal und richtungsweisend!

Die wohl „längste smago! CD-Besprechung aller Zeiten“ ist einem ganz besonderen Album(-Set) gewidmet …:

 

Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein so genannter „Kult“-Schlagersänger nicht nur ein neues Album oder ein „Best Of“-Album vorlegt, sondern ein Vier-CD-Seit mit 25 älteren Aufnahmen und 25 brandneuen Songs vorlegt – gleich 50 Titel beinhaltet das epochale Meisterwerk, mit dem CHRISTIAN ANDERS einmal mehr seine Fans begeistert.

Das Album „Zeitlos (1945-…)“ startet Christian mit einem Lied, das er seiner Frau Birgit geschrieben hat: „Du bist wie eine Sinfonie von Rachmaninov“. „Frau Anders“ liebt das zweite Klavierkonzert des Komponisten Sergej Rachmaninov. Davon ließ sich der treue Ehemann natürlich inspirieren und dachte dabei auch an seine Malibu-Sinfonie mit klassischem Einschlag. In der Tat ist ihm damit ein epochaler gern gehörter Song gelungen, mit tollen Klavierläufen und klassischen Akzenten – ein musikalisch toller und großartiger Song, der eine Symbiose aus Klassik und Schlager darstellt. Das Album startet auch mit typischem Anders-Text, intensiv und voller Liebe, bei dem er auch an ein „Gedicht von Ovid“ erinnert und seiner Frau eine Hymne gewidmet hat, die er „Göttin der Liebe“ nennt.

Tanzbar ist der Song „Halt mich fest“, der erneut eine Liebeserklärung an seine Frau ist und Anders-typisch intensiv und gleichzeitig kommerziell gehalten ist. „Ich will mit dir zusammen alles fühlen“, singt er romantisch – natürlich wieder mit schönen Backgroundchören veredelt. Die „Achterbahn der Liebe“ ist da natürlich ein willkommenes Thema: „Es gibt kein ‚ich’, nur ‚wir’“, gibt er glaubhaft zu Protokoll. In bester Grand-Prix-Manier vergisst er auch nicht die Modulation in eine andere Tonart und ein Lied-Ende mit Pathos.

Der Slowrock „Liebe tut weh“ beschreibt die Schattenseiten der Liebe. „Du gehst fort – ohne ein Wort“ – so kann eine Liebe natürlich enden, und dann tut Liebe natürlich weh. Auch diesen mit schönen Chören unterlegte Titel schmeichelt der Stimme des Kult-Schlagersängers, der einmal mehr bekennt: „Alles, was ich will, ist Liebe“.

Flotter geht es in „Die Luft zum Atmen“ zu, bei dem Christian Anders den Materialismus vieler Menschen anprangert, die „Hab und Gut“ brauchen – er brauche hingegen nur „Die Luft zum Atmen“ und „Dein Lächeln, um glücklich zu sein“. Die Anwesenheit des geliebten Partners ist das, was ihn antreibt. „Ein jeder Wunsch, den er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge“ – diese Alltagsphilosophie fand ebenfalls Einzug in diesen neuen Christian-Song, der von der Melodieführung an viele seiner großen Hits erinnert und erneut mit einem schönen Gitarrensolo besticht. Einen seiner alten Songtitel zitiert er am Ende: „…dann bin ich nie mehr allein“…

Auch „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ hat das ewig junge Schlagerthema Liebe aufgegriffen. Diesmal geht es um eine Liebe, die noch nicht beendet ist, aber in der Krise ist: „Du hast mir wehgetan“, beklagt sich Christian, der aber auch optimistisch ist: „Du gehörst zu mir – und ich gehör’ zu dir“. Und – er bekennt, dass es auch seine Schuld war, dass es zur Krise kam, weil er nicht immer da für sie war. Aber: „Es wird alles – (sic) – „Anders“. Da darf sich auch mal „Herz“ auf „Schmerz“ reimen.

Melancholisch geht es im Lied „Da nahm er seine Mundharmonika“ zu – für das Spiel der Blues-Harp konnte Guisppe Solera gewonnen werden. Es geht einmal mehr um die wahre Liebe, die aber „Jahr um Jahr“ nicht erfüllt blieb – der Trost war eben die Mundharmonika, mit der „er sich den Schmerz von der Seele“ spielte, denn: „Das Lied hatte er für sie geschrieben, um zu sagen, wie sehr sie ihm fehlt“. Insbesondere das sehr schön gespielte Mundharmonika-Solo sorgt für Gänsehaut-Momente. Schön ist hier auch beschrieben, wie tröstlich die Musik sein kann, wenn man schwere Momente durchlebt.

Wie facettenreich Christian Anders ist, beweist er mit „Und sie tanzt“ – mit einem „woo-hu-woo“, wie man es von Partyschlagern kennt. Der treibende Beat lädt zum Tanzen ein – und Texte wie „Sie hat nichts an außer dem Radio“ beflügeln die (männliche) Fantasie – aber es ist nun einmal so: „Das macht sie immer so!“. Ein sehr kommerzieller Titel, dem man mal die Chance wünschen würde, beim Schlagerbooom vorzukommen. „Das Feuer brennt in ihr – warum ist er jetzt nicht hier“ schreit Christian in seiner typischen Art – frei nach seinem Klassiker: „Darf ich Sie bitten um diesen Tanz…?“.

Von der Vergänglichkeit der Liebe handelt der Song „Freunde werden Feinde“. Christian erinnert an alte Zeiten vor dem Liebes-Aus: „Weißt du noch…?“. „Du bist für immer mein“, hat sie „mit Tränen in den Augen“ geschworen – aber: „Warum muss alles vergehen?“, fragt sich der Topsänger in dem nachdenklichen Titel. Einmal mehr bekennt er: „Es war auch meine Schuld, ich seh’ es heute ein!“ und endet optimistisch: „Ich bin so allein, lass uns wieder Freunde sein“.

Mit mystischen Panflötenklängen startet der Song „Indianerliebe“ – eine neue Facette des Herrn Anders anno 2019. „Morgen kommt der weiße Mann, dem werde ich dich geben“ – so beschreibt er das Szenario, dem die „Indianerliebe“ aber Widerstand leistet, weil sie lieber sterben will als den geliebten Mann zu verlassen – Klänge im Stil der legendären Schweizer Folkgruppe Peter, Sue und Marc sind zu hören („Birds of Paradise“) – ein Titel, der ein völlig neues Christian-Anders-Gefühl vermittelt.

Sehr kommerziell hingegen ist der Song „Das Gefühl ist wieder da“, der wieder im Discofox-Stil daherkommt. Es geht einmal mehr um eine vorübergehende Trennung: „Doch dann ist es geschehen – und ich muss dir gestehen: Das Gefühl ist wieder da“. Alte Liebe rostet eben nicht, wie Christian glaubhaft vermittelt. Ich lass dich „nie mehr allein“, zitiert Christian einmal mehr einen seiner Klassiker.

„Ich hab gehört, du liebst jetzt einen anderen“ – so startet die Ballade „Vergiss mich nicht“. „Ich liebe dich noch immer, ich bin so allein und sitz in meinem Zimmer mit einem Foto von uns zwei’n“, bedauert Christian, der seine Angebetete „vor dem Altar“ mit einem anderen Mann sieht – gewisse Parallelen zum Sarah-Connor-Hit „Kommst du mit ihr“ kommen auf.

Klavierlastig beginnt „Weißt du noch“, in dem Christian erneut melancholisch an schöne Zeiten zurückdenkt. Kommerziell singt er: „So soll es immer bleiben“, was eigentlich den Refrain markiert – auch hier ist Christian „anders“, indem er den Song eben NICHT nach seinem gefühlten Refrain benennt. Diesen Titel hat übrigens Christians Produzent Willy Klüter zusammen mit Susan Ebrahimi geschrieben. Die anderen Songs von CD 1 wurden alle vom Sänger höchstselbst geschrieben.

Akustische Gitarren leiten „Geh zu ihm“ ein – ein schönes Pizzicato. In dem Titel begibt sich Christian nicht in die Ich-Perspektive, sondern fordert ein Mädchen auf, dem Mann die Liebe zu bekennen, ihm „in die Augen zu schauen“ und die „Tränen, die du um ihn weinst“ zu zeigen. Einmal mehr präsentiert. Christian in diesem Opus seine schöne Kopfstimme.

Dass Christian auch Walzer beherrscht, beweist er mit „Karussell des Lebens“, das chansonartig die vielen Facetten der Liebe beleuchtet und „Tropfen im Ozean“ zum Thema macht. Erneut ein Titel, der in seligen Grand-Prix-Zeiten gute Chancen gehabt hätte, als noch stimmige Kompositionen und tiefsinnige Texte gefragt waren: „…denn unser Leben ist doch bedeutungsvoll und doch so federleicht“ – die schöne Bilanz eines fürwahr filmreifen Lebens, das Christian geführt hat.

Die zweite CD startet mit einem bärenstarken Song, der Christian von seiner selbstironischen Seite zeigt. In „Schöne hässliche Frau“ gibt er dem männlichen Hörer den Tipp, eine hässliche Frau zu heiraten, weil sie dann „immer für dich kocht“. Und „die Hässliche ist zu dir besonders nett“ – nach Christians Erfahrung sollte man also die Finger von schönen Frauen lassen. „Sie bedeutet dir so viel – wenn sie auch aussieht wie ein Reptil“. Was für ein wunderschönes Kompliment für seine Frau, die vermutlich aber auch die Ironie dieses im Calypso-Sound gehaltenen Titels versteht. Da dürfen die obligatorischen Mexiko-Trompeten nicht fehlen. Der Titel ist vielleicht die kommerziellste und „hitverdächtigste“ Nummer des Albums.

Rockig und gitarrenlastig im Status-Quo-Stil (inklusive E-Gitarren-Solo) kommt „Ich bin nur ein Mensch“ daher. „Ich hab meine Fehler, das seh’ ich ein – in Wirklichkeit bin ich ganz klein“ – ganz neue Töne aus dem Mund eines vermeintlichen „Verschwörungstheoretikers“, der nachdenklich zu Bedenken gibt, ob „wir nicht alle auf der Flucht“ sind.

Eine Coverversion ist der Song „Der Irrweg“. In der deutschen Version des Klassikers „House Of the Rising Sun“ geht es um einen jungen Mann aus Jemen, der „schon als Kind gelernt hat zu kämpfen wie ein erwachsener Mann“. Kritisch setzt er sich mit dem „Glauben an den einen Gott, der ihm befielt zu töten“ auseinander – der Mann aus Jemen kniet lieber „nieder, um zu beten“. Ein sehr ungewöhnliches Schlagerthema, das zeigt, dass Christian Anders auch heute noch heiße Eisen anpackt. „Morgen spreng ich mich und andere in den Tod“ ist eine Zeile, die (aus Sicht des fiktiven Jemeners) sicher zum Nachdenken nachdenkt, zeigt es doch die Motivation von Terroristen auf und ist sicher eine Mahnung, Menschen dieses Schlages wieder „einzufangen“. „Herrscher, dieser Erde… macht doch endlich Frieden..“ ist vielleicht eine platte Aussage, die aber (vereinfacht dargestellt) viel Leid verhindern könnte.

Das typische Anders-Thema einer verlorenen Liebe greift er in „Ich verlasse Dich“ wieder aus einer anderen Perspektive auf – diesmal ist er derjenige, der die Frau verlassen will, weil er die Beziehung beenden will: „ich gehe fort, bevor ich dich hasse“. – „Mich lockst du nicht mal mehr mit Sex“ gibt er zu Protokoll. Mit treibendem Beat gibt Christian seiner Aussage Nachdruck – lieber sei er allein, als mit ihr nicht glücklich zu sein.

In „Afrika“ wird es wieder politisch. Christian beginnt den Song mit den Worten „Ausgezehrt und ausgemergelt liegt ein Kind im Wüstensand“ – „geboren, um zu sterben“ – das sind anklagende Worte eines Sängers, den das Leid des Kontinents nachdenklich und traurig stimmt. „Wir sind alle in der Pflicht, nicht mehr länger wegzusehen“, propagiert Christian Anders, deren Ausbeutung er in seinem Song anprangert. Insbesondere das Leid der Kinder beschreibt er mit Nachdruck – ein Gänsehaut-Song. Musikalisch ist klar zu erkennen, um welchen Kontinent es geht – ein bisschen erinnert der Titel vom Sound her an Rose Laurens’ Klassiker „Africa“, die inhaltlich aber nicht so deutliche geworden ist wie Christian Anders.

Im Stil der Neuen Deutschen Welle kommt mit einfachen Worten („Der Bäcker backt Brot – der Tote, der ist tot“) der Titel „Hoffentlich erwisch ich noch den Bus“ daher. Nach der schweren Kost unterhält Christian sein Publikum mit vermeintlich belanglosen Zeilen, die aber schon auch Tiefgang haben – Gedankengänge, die man beim Warten auf den Bus in sich trägt, werden aufgeführt.

Weiter geht es mit englischsprachigen Titeln, bei denen Christian wieder sein Lieblingsthema aufgreift: Bei „Alone in L. A.“ heißt es z. B. „I saw you with the other man“. Was er trinkt? „Whisky all night“. Der Song hat allerdings durchaus autobiografischen Bezug, immerhin wanderte Christian einst für eine längere Zeit nach Los Angeles aus.

Nach der deutschen Version des Rock-Klassikers gibt es auch die Originalversion der Animals auf die Ohren: „The House Of the Rising Sun“.

Leicht countryangehaucht ist „I Will Always Love You“ (nicht zu verwechseln mit dem Whitney-Houston-Klassiker). Sehr kommerziell ist der Refrain. Der Text „I Will Always Love you – baby, that ist true – I will always need you – baby, I love you“ klingt, als wäre er von Dieter Bohlen für Modern Talking geschrieben worden J…

Im Slowrock „Take Away the Pain“ wünscht sich Christian, von seinem Schmerz befreit zu werden – typischerweise „schreit“ er hier wieder einige Töne, um seinem Schmerz Nachdruck zu verleihen. Musikalisch erinnert dieser Titel an den Elvis-Blues-Klassiker „One Night“ bzw. an Anders’ Klassiker „Wenn die Liebe dich vergisst“.

Mit „Jessie“ besingt Herr Anders dann auch mal eine Dame persönlich bzw. namentlich. Ob „Jessie“ die englische Übersetzung von „Birgit“ ist? Zumindest metaphorisch ist das sicherlich denkbar.

The Wrong Way“ ist dann die dritte Umsetzung von Christians (anscheinend) Lieblingslied. Diesmal hat er seinen eigenen Text des Klassikers in englischer Sprache aufgegriffen – mit ähnlichem Inhalt wie seine Übersetzung „Der Irrweg“.

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Die dritte und vierte CD des CD-Sets beinhaltet ausnahmslos Neuaufnahmen der großen Hits und Klassiker von Christian Anders bzw. einiger „Schmankerl“. Die großartige Qualität dieser Lieder steht außer Frage, es sind historisch wichtige Schlagerklassiker. Ob die Originale in vielen Fällen nicht doch viel besser sind, möge jeder für sich beurteilen. Andrerseits sind es ja im Prinzip Bonus-CDs, und die Rechte der Originale liegen vermutlich nicht bei Christians aktueller Plattenfirma Vengamedia.

Unglaublich, aber wahr: Das von Joachim Heider komponierte Epos „Geh nicht vorbei“ war vor über 50 Jahren ein Riesenhit in Deutschland, ein Schlager, der damals viele Grenzen sprengte – allein schon die Länge von über 5 Minuten setzte Maßstäbe.

Den Hit des Lebens landete Christian mit der ersten von ihm selbst produzierten Single, die er auch selber komponiert hatte: „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo“ – dass er damit das Konzept der Deutschen Bahn skizzierte, das fast 50 Jahre später noch immer vielfach Bestand hatte, hätte er wohl selber nicht gedacht…

Für seinen zweiten Hit, der die Top-15 der Charts erreichte, erhielt Christian 1970 den Silbernen Löwen von Radio Luxemberg: Das melancholische „Nie mehr allein“ war ein typisch sehnsuchtsvolles Liebeslied, das gilt auch für die ebenfalls von Joachim Heider komponierten Nachfolgehits „Du gehörst zu mir“ und „Dich will ich lieben“.

Einen echten Klassiker landete Christian Anders mit „Einsamkeit in den Straßen“. Schon damals wurden politische Inhalte in seine Songs reingehimnist. So schrieb Rainer Moritz in einem Buch folgende Interpretation dieses Liedes: „Die Einsamkeit, die viele Namen trägt, ist sie nicht die Einsamkeit des Willy Brandt, der – was der Schlager natürlich zu verhüllen hat –von einem sehr konkreten Namen, Günter Guillaume, in die Einsamkeit der Nicht-Kanzlerschaft gestoßen wurde? .. Unverkennbar legt der Schlager, verkleidet als tragisches Liebeslied, den Finger in die Wunde des Kanzlerabgangs“.

Einen großen Erfolg landete Christian auch mit „Sechs Uhr früh in den Straßen“, dem Nachfolgehit des „Zug nach Nirgendwo“-Hits, der es in die Top-15 der Charts geschafft hatte. Auch hierfür gab es den Silbernen Löwen. Drei Mal stellte er den Titel in der ZDF-Hitparade vor – auch den fröhlichen Knallersong „Verliebt in den Lehrer“, der 1979 Christians 19. und letzter Hit in den Single-Verkaufschafts werden würde.

1975 war Christian mit dem Titel „Wer liebt, hat keine Wahl“ erfolgreich. Der Song war auch in Spanien ein Hit – ein gewisser „Pablo Amor“ interpretierte den Song als „Amor, abrazame“ und war damit sehr erfolgreich.

Quasi als „Vorgängersong“ des neuen Hits „Schöne hässliche Frau“ kann man „Das schönste Mädchen, das es gibt“ sehen. Schon damals sprach sie Christian dagegen aus, nur auf Oberflächlichkeiten zu achten: „Manchmal trifft man ein Mädchen, das schüchtern und etwas naiv ist – sie schaut in den Spiegel und glaub, dass sie nicht attraktiv ist – aber dann findet man(n) – auf das Engelsgesicht kommt es gar nicht an – und es zählt auch nicht nur ihre Traumfigur“.

Tiefsinnig war Christian mit seinem Top-20-Hit „Der letzte Tanz“, der viel Pathos hat. In dem Song wird die gerade eroberte neue „Flamme“ tragisch dadurch verloren, dass diese bei einem Autounfall stirbt.

CD Nummer 4 startet mit einem weiteren großen Anders-Hit in Neuaufnahme. Mit Fred Jay wurde das bestehende Erfolgsrezept weiterverfolgt: „Das Schiff der großen Illusionen“ stach in See, über fünf Minuten ging es erneut um Illusionen, Gefühle, Einsamkeit und alle Vokabeln, die Anders-Fans in jenen Jahren liebten. Die Belohnung war 1973 ein weiterer solider Top-15-Hit.

Anfang 1976 schrieb Anders sich nicht nur den Text zu seiner Single selber, sondern brachte zum gleichen Thema einen Roman heraus, der auch als Fortsetzungsroman im Teenie-Blatt „BRAVO“ veröffentlicht wurde: „Der Brief“. Lied und Roman handeln von einem jungen Mädchen, das von zu Hause durchbrennt nach Italien, weil die Mutter es nicht versteht. Auch dieser Hit darf auf „Zeitlos“ nicht fehlen.

Seine lyrische Art präsentierte Christian Anders mit „Wenn die Liebe dich vergisst“: „Die Straße der Sehnsucht ist endlos und weit – und manchmal, da führt sie ins Glück“. Ein Gradmesser für Erfolg ist bekanntlich, ob man parodiert wird – offensichtlich war Anders 1975 auf dem Zenit seines Erfolgs, denn dieser Song wurde von Mike Krüger in dessen unnachahmlicher Art persifliert – da muss man erst mal drauf kommen: „Wenn Du Klopapier vergisst“.

2003 veröffentlichte der Künstler eine CD mit neuen Liedern. Die ausgekoppelte Single „Melissa“ entstand in dem Jahre, als er von „NDS Hitgold“ einen Preis für sein Lebenswerk überreicht bekam. Für diesen Schlager stand ihm das Top-Produzententeam „K.C. and Cobra“ (Kai Scharapenko und Christoph Seipel), die ansonsten mit Frank Farianzusammen arbeiteten, zur Seite.

Aus Christians Anfangszeit stammt der Joachim-Heider-Song „Ich lass dich nicht gehen“, der 1971 ein Hit war. Mit „Denn ich liebe Dich so sehr“ wurde wieder großes Kino aufgefahren: es geht um die auf Dauer unerfüllte Liebe eines Mannes zu einer verheirateten Frau. Es reichte für eine Top-40-Platzierung.

Gemeinsam mit Peter Power und dem Bläck-Fööss-Produzenten Werner Dies schrieb Christian Anders den Song „Love Dreamer“, der nur knapp die Top-20 der Verkaufscharts verpasste. Melancholisch blickt Anders auf seine Jugendliebe zurück, eine kurze Liebe mit der Tochter eines Zirkusclowns, die er „Love Dreamer“ nannte, weil er ihren Namen nicht kannte – auch ein schöner Klassiker aus seinem reichhaltigen Schaffen.

Anfang der 80er Jahre trat Anders mit seinem romantischen Schmachtfetzer  „Ruby“ in der ZDF-Hitparade auf, konnte sich mit dem Titel zwar nicht platzieren, brachte sich in Berlin aber wieder in Erinnerung. Vor ca. zehn Jahren wurde der Titel in einem Remix zu deinem großen Discotheken-Hit, das gilt ebenfalls für den 1983er-Klassiker „Gespensterstadt“.

Die B-Seite von „Ruby“ war „Donnerstag, 13. Mai“ – einer von Christians hoch dramatischen Liedern, in dem es um den Suizid einer Frau geht, die an der „Liebe zerbrach“ und die ihn „mehr als ihr Leben“ geliebt hat. Imposant ist, dass eine Frauenstimme ihren Tagebucheintrag vorliest.

Abgeschlossen wir das „Zeitlos (1945-…)“-Album mit zwei Kompositionen von Christian Bruhn. Zu Beginn der 2000er Jahre war ein zusammen produziertes Album angedacht – damals entstanden immerhin die Aufnahmen „Kapitän“ und „Wasser“.

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Fazit: Mit „Zeitlos“ beweist CHRISTIAN ANDERS, dass er noch lange nicht zum „alten Eisen“ gehört. Seine Lieder sind kompositorisch durchdacht. Sehr oft dürfen wir uns über Modulationen freuen oder um Akkordfolgen jenseits der Drei-Akkorde-Titel. Auch wenn sein Lieblingsthema die Liebe in all ihren Facetten ist, scheut sich Christian nicht, auch politische Themen aufzugreifen und setzt sich dabei weltmännisch für eine tolerante Gesellschaft ein. Er prangert das Leid der Kinder in Afrika an und fordert eine menschliche Begegnung, um den Terror einzudämmen. Dass Christian solche Lieder nicht singen darf, weil ihm aus kuriosen politischen Strömungen antisemitische Strömungen unterstellt werden, ist absurd und zeigt, wie schwierig es heute ist, eine eigene Meinung zu haben und diese auch kundzutun.

Christian Anders gelingt der Spagat, einerseits romantische, tiefsinnige Lieder voll Pathos zu singen und sich hin und wieder politisch zu engagieren. Seine Song-Inhalte sind dabei (im Gegensatz zu vielen Rap- und Rockalben) absolut „politisch korrekt“ – insofern kann man diesem Album nur viel Erfolg wünschen, weil „Zeitlos (1945 – …)“ sicher eines der besten Schlageralben des Jahre ist.

Textquelle: smago!

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