"STADLSHOW"
Fiasko wie erwartet! Aber: Es war nicht ALLES schlecht …!

“Schade, dass die negativen Aspekte die durchaus vorhandenen Pluspunkte der Show vollends in den Hintergrund treten lassen”, findet Stephan Imming …: 

Gibt es so etwas wie das Gegenteil von "Vorschusslorbeeren"? Wenn ja, wäre genau das Wort wohl der treffende Begriff, mit dem sich die "Stadlshow" von Anfang an rumzuschlagen hatte. Hausgemacht wurden Probleme geschaffen, die es eigentlich gar nicht gab. Unter Andy Borg hatte der Stadl stets zufriedenstellende bis gute Quoten. Dass die Zuschauer eher zur älteren Generation zählten, liegt in der Natur der Sache. Wer sich darüber wundert, reibt sich auch die Augen, dass der KiKa wohl von eher jüngeren Zuschauern gesehen wird.

Diejenigen, die meinen, man müsste so einer traditionsreichen Sendung eine rabiate Verjüngungskur unterziehen, sind wohl genau die abgehobenen Entscheidungsträger, die meinen, man müsse den Schlager aus dem Radio verbannen, weil dann plötzlich die Einschaltquoten in die Höhe schnellen – nur, weil verpeilte Meinungsforscher ihre Umfragen so drehen, dass das Ergebnis herauskommt, das sie hören wollen. Das Ergebnis ist bekannt – Die desaströse Einschaltquote scheint die Quittung für einen in der Geschichte von TV-Shows wohl historischen Fehler-Reigen zu sein.

Wer im Vorfeld mit einem kaum zu überbietenden Dilettantismus das eigene Projekt mit einer Negativ-Aura umgibt, darf sich nicht wundern, wenn die Show im Nachhinein mit einer unglaublichen Übereinstimmung von Kritiker- und Zuschauermeinung kaputt geschrieben wird.

Viele der kritischen Stimmen beschäftigen sich mit den Moderatoren. Während bei der charmanten Moderatorin Francine Jordi noch ein Hauch von Interesse für die präsentierte Musik rüberkam, hat das Model, das meint, auch moderieren zu müssen, ganz offensichtlich nicht den Hauch von Interesse für das, was er da anmoderiert – man musste froh sein, dass er zumindest halbwegs die Namen seiner Gäste behielt. Sich deren vorgetragene Titel zu merken, war definitiv zu viel verlangt – bei DJ Ötzi hatte er es noch probiert, aber kurz darauf aufgegeben. – Auch so entschuldigende Ansagen wie "Jürgen Drews ist zwar bestimmt nicht euer Vorbild, aber er ist schon cool", "Jürgen – wir wollten mit Dir reden, aber es ist besser, wenn Du Musik machst" – aua! Aber wie gesagt, dass der junge Mann eine katastrophale Fehlbesetzung ist, war ja nun wirklich schon in der Sekunde der Entscheidung klar, dass er das macht. So wie Andy Borg nicht Germany's Next Topmodel moderieren wird, sollten auch Models sich nicht an Musiksendungen wagen – zumindest nicht, wenn sie merklich nicht das geringste Interesse an der Musik haben.

Francine Jordi hingegen hatte schon lichte Momente, wenn sie spontan die 2. Stimme bei "Onkel Jürgens" Kornfeld besang – na, sie kommt auch wenigstens aus der Szene – ihr nehme ich eine gewisse Authentizität und Empathie für diese Art von Musik ab. Als Solo-Moderatorin hätte sie mir besser gefallen.

Und was die Ehrlich-Brothers in der MUSIK-Show zu suchen hatten? Wahrscheinlich auch eine Entscheidung irgendwelcher ahnungslosen Entscheidungsträger, gestützt auf dubiose Meinungsumfragen – anders kann ich mir das nicht erklären.

AAAAAABER – und DAS kommt mir bei all der Schelte zu kurz: Es gab auch echte Pluspunkte, weswegen ich es sehr bedaure, dass die Stadlshow natürlich 2016 nicht fortgeführt wird – das dürfte ja schon jetzt feststehen.

Die Show bot zwei Aspekte, die die (wenigen) vergleichbaren noch existenten Shows dieser Art absolut nicht haben: Es wurde vielfach LIVE musiziert, und es gab durchaus mehrere NACHWUCHS-Leute oder zumindest Interpreten, die nicht ständig im Wechsel zwischen Florian Silbereisen und Carmen Nebel hin- und herpilgern.

Vielleicht bin ich ja einfach nur schlecht informiert – aber mit sagten einige Namen nichts  bzw. nicht viel:

– Troglauer Buam – im besten Volks-Rock'n'Roller-Stil boten die Jungs eine tolle Live-Einlage mit ihrem Rasenmäher-Song (- auch wenn der schon recht lange im Netz kursiert, aber 1,8 Mio. Klicks sprechen da eine klare Sprache). In eine ähnliche Kerbe hauten "Django 3000" – auch Live-Performance – leider mit nicht sonderlich guter Abmischung, was ich aber immer noch viel besser finde als Vollplayback. Außerdem war's beeindruckend, wenn da mal jemand Violine spielt – und der es auch kann (also nicht das Wendler-Syndrom, bei dem irgendwelche Studentinnen, die nie ein Instrument gesehen haben, auf Geigen rumsägen).

– Schon die "Poxrucker Sisters" zeigten, dass dreistimmiger Gesang – seit "Schwesterherz" wohl ein beliebtes Konzept, wenn Schwestern mehrstimmig Schlager singen – nicht nur Männern vorbehalten ist (Stichwort "VoXXclub", "Wise Guys"). Einen drauf gesetzt hat die neue Schlagergruppe "La Goassn" – subjektiv für mich die tollste Entdeckung des Stadl-Abends. Perfekter Live-Gesang, origineller Text ("Koane Männer gibt's") und vor allem eine richtig gute Performance – genau DAS ist der Grund, warum ich bedauern würde, wenn der Stadl sterben wird (, wovon wie gesagt auszugehen ist). Denn so eine wirklich viel versprechende junge Gruppe wird es schwer haben, statt Ella Endlich zu Carmen Nebel zu kommen. Ohne den Stadl hätte ich dieses starke Damen-Trio für mich jedenfalls nicht entdeckt.

– "Bluma" – eine Sängerin, die einen Schlager sang, wie man ihn früher öfter hörte ("Auf und davon") – damit war sie zwar schon bei Carmen Nebel, ist mir da aber nicht aufgefallen – eben wegen Vollplaybacks. Im Stadl konnte sie ihr Talent unter Beweis stellen. Über den grenzwertigen Fernseh-Ton müssen wir nicht diskutieren, aber ich fand ihren Gesang ansprechend.

Auch etablierte Sänger brachten Titel, die ich zuvor nicht kannte, (früher hätte ich die vielleicht schon bei WDR 4 gehört), ich aber gelungen finde – Marc Marshalls Song "Kussecht" finde ich sehr originell. Und Jürgen Drews mit seinem "Heut schlafen wir in meinem Cabrio" im Banjo-Sound – sehr originell, Herr Drews – hat mir gefallen (- wobei – warum nicht auch der Song live gesungen werden konnte – schade… -).  Und die Fesl-Einlage vom Flori war auch durchaus originell – sich selbst live auf der Gitarre begleitend, live singend – so was ist in seiner eigenen TV-Show wohl nicht denkbar.

Richtig gut gefiel mir auch Francine Jordis Auftritt mit ihrem aktuellen Song "Paradies", der ja ein echter Rundfunk-Hit ist (- ich habe ihn zwar im Radio noch nie gehört, aber ich wohne ja wie gesagt auch nicht im HR 4- oder SWR 4-Sendegebiet -). Eine souveräne Sanges-Leistung der Schweizerin mit einem im Andrea-Berg-Stil gehaltenen starken Titel – das war doch durchaus aller Ehren wert!

Der Live-Gesang war schon aufschlussreich – ich bekenne, ich war nie Marc-Pircher-Fan – aber wenn er nun mal zur Live-Performance aufgerufen wurde, weiß ich wenigstens, warum das so ist – vielleicht hätte er seinen Song so ein bis zwei Töne tiefer singen sollen, dann hätte er sich nicht so quälen müssen beim Treffen der Töne…

Fazit: Ich kann die wirklich allgegenwärtige Unisono-Negativberichterstattung in Teilen zwar verstehen, aber die beiden Aspekte "Live-Musik" und "Nachwuchs-Förderung" kommen mir bei dem "Shitstorm" zu kurz. Okay – Moderation – grausam, Regie – schlechter geht's kaum, Bühnenbild – eine Katastrophe, Sound – leider auch schlimm. Aber letztlich ist es eine MUSIK-Sendung – und nachdem man im Radio (zumindest z. B. im WDR-Sendegebiet) keine neuen Schlager mehr zu hören bekommt, war es mal interessant, wenigstens den einen oder anderen aktuellen Song zu hören, der mal nicht von den ewig gleichen Verdächtigen kommt. Vielleicht kann man es ja machen wie dereinst beim Fernsehgarten: Sendung beibehalten und reumütig den alten Moderator zurückholen – ansonsten aber die durchaus vorhandenen guten Aspekte mit einbeziehen.

Was ich übrigens auch in unzähligen Facebook- und sonstigen Kommentaren hoch spannend finde: Viele derer, die die Show so grausam fanden, haben – wie sie selber schreiben – nur eine Minute oder gar nicht eingeschaltet – woher wissen die dann, dass die gesamte Sendung so schlecht war?

Stephan Imming, 13.09.2015
http://www.ip-media.at/
http://www.musikantenstadl.tv

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