SEER
Die CD+DVD "Duette … bei uns dahoam" im Test vion Holger Stürenburg!

Die Austro-Pop-Sensation aus der Steiermark schenkt sich selbst etwas ganz Spezielles zum 20-jährigen Bandjubiläum …: 

Sein 20jähriges Bühnenjubiläum begeht das aus der im steirischen Teil des Salzkammerguts gelegenen Gemeinde Grundlsee stammende Oktett „SEER“ auf so ausgiebige, wie vielseitige Art und Weise. Die 1996 begründete Truppe, die in ihrer Heimat Österreich bereits die größten Arenen füllt und sich nun auch in der BR Deutschland zunehmender Beliebtheit erfreut, veröffentlichte im April diesen Jahres das üppig ausstaffierte Drei-CD-Set – auch als erweiterte Edition mit dazugehöriger DVD erhältlich – „20 Jahre SEER – Nur das Beste“, welches in der Alpenrepublik umgehend die Spitzenposition der Albumhitparaden für sich in Anspruch nehmen konnte und hierzulande zumindest dieselben im unteren Bereich knackte. Im Rahmen dieser 56-Lied-Kollektion fuhren die „SEER“ ihre größten Erfolge, einige neue Songs, sowie ein paar Raritäten auf, die es teilweise noch nie zuvor auf CD zu hören gab. Meine Rezension zu diesem fulminanten Jubiläumston- (und bild-)träger findet man HIER …::

Als zweites Präsent schenken die „SEER“ sich und ihren vielen Fans nun eine ebenfalls proppevolle Silberscheibe mit 15 Neuversionen ihrer bislang bekanntesten Lieder plus dreier Liveaufnahmen solcher – wobei das ganz besonders Exquisite an diesen Reanimationen ist, dass sich pro Titel ein jeweils – zumeist sehr angesehener – Stargast, ob Sängerin, Sänger, Band oder Chor, zum hinreißend harmonischen Gesang der achtköpfigen Combo hinzugesellt. Daraus folgend, können nicht wenige der ausgewählten Liedperlen durch das vokalistische Hinzukommen anderer Musiker oft ein ganz spezielles, den Charme der Originale noch übertreffendes Flair für sich entfalten.

Vorliegende CD plus DVD, genannt „DUETTE… bei uns Dahoam“ (Ariola/SONY), leben, wie allgemein die Musik der „SEER“, von ihrer atemberaubenden Stilvielfalt, den kessen, offensiven, niemals langweiligen Arrangements, dem warmen, liebevollen Harmonie-Gesang der beiden Frontfrauen Astrid Wirtenberger und Sassi Holzinger und natürlich von dem gefälligen steirischen Dialekt und dem damit verbundenen, unverkennbaren und positiv ausgelebten Heimatgefühl aller beteiligten Musiker.

Die Creme de la Creme des Austropop, dazu persönliche Freunde, Chöre und Ensembles, haben die „SEER“ ins Studio gebeten, um, gemeinsam mit ihnen, die bedeutsamsten Titel der „steirischen Fleetwood Mac“, wie ich die „SEER“ ob ihres langläufigen, oft Country-infizierten Klangbildes gerne nenne, neu zu interpretieren.

Da wäre zum Beispiel der lange verschollen geglaubte Wilfried Scheutz zu nennen, dasjenige „Rock-Urvieh“, der „dialektpopmusikalische Urschrei des Salzkammerguts“ (Pressetext), welcher seit den frühen 70ern – lange vor Hubert von Goisern und Konsorten – dem kauzig-schrulligen Alpenrock in Österreichischer Mundart im gesamten deutschen Sprachraum Gehör verschaffte und Anfang der 80er, zur Hochphase der Neuen Deutschen Welle, mit radikalen Punk- und Wave-Parodien a la „Highdelbeern“ oder „Sie, Sie leider“ im anarchischen Kontext brillierte. Der inzwischen 66jährige, der nach langer, langer Pause, seit 2012 mit seiner „Neuen Band“ wiederum auf der Bühne steht, unterstützte seine Landsleute bei der kongenialen Folkrock-trifft-Rap-Mixtur „Über ‘n See“ mit expressiver Stimme, wobei dieses alpenländische Traditional, welches von „SEER“-Gründungsvater Fred Jaklitsch entsprechend bearbeitet wurde, auf der beigefügten DVD als romantischer Videoclip, gedreht am Altaussee in der Steiermark, explizit heimatverbunden und leidenschaftlich zur Geltung kommt.

Den ebenfalls 66jährigen Oberösterreicher Klaus Eberhartinger kennen wir in erster Linie als Frontmann, Proklamator und Conférencier der unschlagbaren Anarcho-Kabarettrockband „Erste Allgemeine Verunsicherung“ („E.A.V.“). Dem rasend rhythmischen 2004er-Titel „Entweder – Oder“ fügt er, im Zwiegesang mit „SEER“-Lady Astrid, eine gehörige Portion würzigen Samba-Gefühls hinzu, was auch im in der Murtaler Gemeinde Fohnsdorf gedrehten Musikclip eindeutig zu erkennen ist

Einen nicht alltäglichen Leckerbissen haben die acht „SEER“ daran anschließend vorzuweisen: Für eine gesangliche Kooperation bezüglich der 2007 erstmals vorgelegten Romantikballade „1 Tag“ vermochte der steirischer Achter, seinen höchst prominenten, italienischen Kollegen Umberto Tozzi (erinnere: „Ti amo“, „Gloria“, „Tu“) hinter das Mikrophon zu lotsen. „1 Tag – Ancora un Giorno“  heißt der gefühlvolle, fast in klassischem Ambiente arrangierte Schleicher nun und erstrahlt mittels eines am oberösterreichischen Traunsee entstandenen Videos in ganz neuem, enorm faszinierenden Glanz.

Der Wiener Hans Krankl war einst prominenter Fußballspieler, erzielte mehrere Auszeichnungen. und konnte zudem vor genau 30 Jahren als überdrehter Austropopper einen veritablen Hit mit „Lonely Boy (Ich ja so allan)“, einer österreichischen Sichtweise des 1960er-Paul-Anka-Klassikers „Lonely Boy“, feiern. 2016 zelebriert er, zusammen mit den Urprotagonisten, deren 1999er-Beitrag „Koana Dahoam“ im niederösterreichischen Tulln an der Donau als deftig dampfende, geradezu kochende Blues-Rock-Soul-Melange, inkl. knackiger Akkordeons, quietschender Slide-Gitarre und siedender Hammond-Orgel.

Den sehnsüchtigen, sacht country-angehauchten Romantikschlager „Amerika, gibt’s‘ nit“ (2001), erst gemächlich, dann zickig-soulig ausgelebt, gönnen sich die „SEER“ in vokalistischer Kooperation mit dem unschlagbaren Multitalent Andy Borg per so luftiger, wie surrealer Cabrio-Fahrt durch die oberösterreichische Marktgemeinde Haslach an der Mühl.

Rot (Wolfgang Ambros) und Schwarz (Sassi Holzinger) bekleidet, wird dem geneigten Zuschauer kurz darauf, mitgeschnitten im Laaber Wald nahe Wien, „Leb‘ Dein Leb’n“ als pointierter Zwiegesang, eben mit dem Wiener Austropop-Heroen Wolferl A., präsentiert, jener 2004 entstandene Abschiedsgruß an den flügge gewordenen Nachwuchs, den eine Mutter, ein Vater, seinem Kind auf den Weg in die Selbstständigkeit mitgibt, während der deutsch-österreichisch-schweizer Gesangsverein „Voxxclub“ die glücklichen Jubilare vom Grundlsee im „Zloam“, einer an ebenjenem Gewässer gelegener Naturbühne, ‚live‘ beim rockig-zackigen Schuhplattler „Tonz, Dirndl, Tonz“ stimmstark und gewitzt supportiert.

Die nahe Kufstein/Tirol geborene Crossover-, Operettensängerin und Schauspielerin Zabine war bei der gemütlichen Auffrischung des sonnig-lieblichen 2004er-Jodel-Evergreens „Sunnseitn“, zünftig in Tracht ausgeschmückt, mit von der Partie – gedreht am Stubnbergsee im steirischen Gerichtsbezirk Fürstenfeld -; die sagenumwobenen „Les Humpheries Singers“ – jedoch ohne Jürgen Drews – gestalteten aus dem Titelsong des 2015er-Albums „Fesch“ – mit steirisch/österreichischem Text versehen – den fröhlich-sommerlichen, treibend-aufmunternden Volkspop „Fesch – Cool“, direkt in der Marktgemeinde Podersdorf, am Ostufer des Neusiedler Sees im nördlichen Burgenland.

In ganz andere klangliche und örtliche Gefilde geht es nun Dank einer DER „Seer“-Hymnen schlechthin, „Hoamatgfühl“. Diese schier traumhafte, unbestreitbar lokalpatriotische Stellungnahme wurde 2006 erstmals aufgenommen und ertönt 2016 auf „Duette… bei uns Dahoam“ nun in einer sagenhaften, so perlenden, wie monumentalen Inszenierung, aufgenommen im Großen Saal der Salzburger Musikhochschule „Mozarteum“, zusammen mit der „Philharmonie Salzburg“. Diese monumentale Version kam übrigens in erster Linie deshalb zustande, da die erfolgreiche, aus Oberösterreich stammende Dirigentin der „Jungen Philharmonie Salzburg“, Elisabeth Fuchs, gerade dieses innige, unter die Haut gehende Lied als ihren absoluten, persönlichen Favoriten der „SEER“ bezeichnet hatte, woraufhin die Band wiederum die Option, mit einem klassischen Orchester zu arbeiten, als regelrechten „Ritterschlag“ (Zitat) klassifizierte.

Abermals in Tulln an der Donau, standen die „SEER“ stramm, als es darum ging, ihren 2005er-Titel „Du wirst mir fehlen“ – aktuell vereint mit dem in Wien lebenden, niederländischen Gitarristen Hans Theessink – in einem prickelnden, ruhigen und doch dezent brodelnden, akkordeongestärkten Country-Blues-Gewand neu auszukleiden. Zur lustvollen Ode auf das spezifische „Seerische“ Lebensgefühl, luden die „SEER“ den Passauer TV-Entertainer, Sänger und Harmonikaspieler Florian Silbereisen ein. So sorgten sie, einhellig mit dem unvergleichlichen „Feste“-Moderator, beim fetzigen Einspielen der 1996er-Ode „Seerisch“ auf der Knödl-Alm im steirischen Bad Mitterndorf für a zünftige Gaudi, welche insbesondere vom flinken Akkordeonduell zwischen Florian und Jürgen Leitner lebt, der seit 1999 bei den „Seern“ die Steirische Harmonika bedient.

Der vielköpfige „Musikverein Falkenstein“, aus ebenjener 447-Einwohner-Marktgemeinde Falkenstein im niederösterreichischen Bezirk Mistelbach (mit ganzen zwölf ÖVP-Ratsherren und nur einem kleinen Sozialisterl von der SPÖ (den Falkenstein bestimmt auch gut überlebt)), untermauert trefflich die heimattreue Ballade „Bei uns Dahoam“, die mit genanntem Weinviertler Musikverein daher eingespielt wurde, weil „SEER“-Schlagzeuger Wolfgang Luckner sich in ebenjener Formation seine ersten musikalischen Sporen verdiente und seine Schwester Irmgard inzwischen jenem Klangkörper als Dirigentin vorsteht.

Aus einer ganz anderen „Hameet“ stammt der bundesdeutsche Volksmusikstar Stefanie Hertel, der im Vogtland zu Sachsen aufwuchs und in seinen Liedern immer wieder mal die urwüchsigen Wurzeln rund um das ostsächsische Plauen besingt. Stefanie duettierte sich für vorliegende Silberscheibe mit den „SEERN“ und gab mit ihnen ‚live‘ am Grundlsee in der Steiermark die 2014er-Komposition „Freund fürs gonze Leben“ zum Besten.

„Wilds Wossa“, ihren wohl größten Hit, ihr ‚musikalisches Erkennungszeichen‘, welchselbiges vermutlich dauerhaft mit den acht Vollblutmusikern verbunden bleibt, stellen die „SEER“ schlussendlich zum Ende des offiziellen Parts von „Duette… bei uns Dahoam“ im Zuge (bzw. nach Beendigung) der Dreharbeiten zur heimatlichen TV-Sendung „Lechpartie“ vor: Die verträumte, mystische Ballade erklingt in dieser zerbrechlichen Neufassung, gesungen am Lagerfeuer, nur zu ausschließlich akustischen Instrumenten, außerordentlich persönlich, intim, reduziert und feierlich umgesetzt.

Drei durchwegs im Live-Modus aufgenommene Bonustitel finden sich auf hier vorgestelltem CD/DVD-Set: Dies wäre zunächst, aufgezeichnet mal wieder bei einem Großkonzert in der Bandheimat am Grundlsee, der 2012er-Titel „Kraft der Hoamat“, bei dessen robuster Neuauslegung die „SEER“ seitens des Linzer Chores „St. Florianer Sängerknaben“ klingenden Beistand erhalten. Es folgen das mystisch-philosophische, um ein Haar Gothic-gemäß ausgeformte Klangdrama „A Boot“ (2007), mit dem Wiener Percussion- und Schlagzeig-Orchester „Drumatical Theatre“ im Nacken, und – als tönender Höhepunkt und Ausklang in einem – der 1999er-Beitrag „Alls hat sei Zeit“, bei dessen aktueller Reanimation sogar alle 18 (!) bisherigen und aktuellen Bandmitglieder der „SEER“ die Open Air Bühne am Grundlsee erklommen und in trauter Eintracht schmetterten: „Weil all’s / aber all’s / ja, all’s hat sei Zeit / Hat ein Anfang / Hat ein End / und geht vorbei“

Die insgesamt 18 Titel von „DUETTE… BEI UNS DAHOAM“ zeigen einmal mehr all die unzähligen Facetten, die in der grenzüberschreitenden Musik der „SEER“ stecken, sprießen und gedeihen. Ob Blues, Rock’n’Roll, Soul auf der einen, oder Schlager, Folklore, originäre Volksmusik, Jodel- oder Stubenmusi auf der anderen Seite: Die gnadenvollen, gnadenlosen Acht vom Grundlsee verstanden es von jeher, jede Stilistik der Unterhaltungsmusik mit jeder noch so ‚abgedrehten‘ anderen zu vermengen und daraus das individuell „Seerische“ Lebens- und Kreativgefühl zu kreieren. „DUETTE….BEI UNS DAHOAM“ ist ein wohlmundender Ohrenschmaus für all diejenigen Musikfreunde unter uns, die sich in der glücklichen Lage sehen, stilistische Barrieren schlicht und einfach problemlos zu überspringen, die aufgeschlossen sind, für Neues, Unerwartetes, Ungewöhnliches. Die „SEER“ sind und bleiben, auch im 20. Jahr ihres Bestehens, eine Speerspitze in puncto blühenden, weltoffenen Austropops, der Gegenwärtiges mit Altbewährtem, Vergangenen, konstruktiv und zukunftsorientiert paart, auslebt und ausbaut!

Foto-Credit: Kerstin Joensson

Holger Stürenburg, 04. bis 06. November 2016
http://www.ariola.de
http://www.dieseer.at/seiten/iframes_main/news.html

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